- 191 -Kinzler, Hartmuth (Hrsg.): Musik und Leben 
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Schwäche, nicht in Verbindung steht«24
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[Carl Ludwig Junker,] Vom Kostüm des Frauenzimmer Spielens, in: Musikalischer und Künstler-Almanach auf das Jahr 1783, »Cosmopolis« 1783, S. 85–99.
, also etwa Pauken und Trompeten, die als Kriegsinstrumente entsprechende Assoziationen weckten. Das wichtigste Argument war ein visuelles. Die Frau sollte auch beim Musizieren dem Idealbild weiblicher Schönheit entsprechen, d. h. sie sollte sitzen, ihre Arme sollten anliegen und sich möglichst wenig bewegen, ihre Hände sollten anmutig in die Tasten oder Saiten greifen, und ihr Gesicht sollte einen freundlich entspannten Ausdruck haben. Das neue mimische Ideal, als Spiegel der Seele verstanden, wurde für Frauen besonders eng gefasst. Es schloss alle Blasinstrumente aus. Als es um 1820 die erste Frau wagte, im öffentlichen Konzert als Klarinettistin aufzutreten, wurde ihr vorgehalten, »die Stellung des Körpers und die Verziehung der Gesichtsmuskeln« sei »nicht geeignet, die weibliche Schönheit zu erhöhen«25
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Allgemeine Wiener Musikzeitung, 2 Jg. (1842), S. 190.
. Als geradezu skandalös wäre es der bürgerlichen Öffentlichkeit erschienen, wenn eine Frau es gewagt hätte, auf dem Konzertpodium ein Musikinstrument zwischen die Beine zu nehmen, also Violoncello zu spielen, oder die Beine beim Orgelspiel zu betätigen. Die Beine waren mit sexuellen Assoziationen so eng verknüpft – die Geschichte der bodenlangen Kleider bis etwa 1830 belegt es –, dass dies einer unerhörten Provokation gleichgekommen wäre. Schließlich spielte es für die Bevorzugung von Klavier und Harfe eine wichtige Rolle, dass diese Instrumente zur repräsentativen Ausstattung der bürgerlichen Wohnung hervorragend geeignet waren. Im Idealfall sollte das Musizieren von Frauen Teil der häuslichen Geselligkeit sein und diesen Raum möglichst nicht verlassen. Die geringe Mobilität dieser »Frauenzimmer-Instrumente« symbolisiert geradezu die enge Bindung an den privaten Raum. Es sind Soloinstrumente, die ohne weitere Begleitung oder kammermusikalische Ergänzung gespielt werden können, also der Frau auch musikalische Kontakte vorenthalten, die beispielsweise bei der Geige nahe liegen.

Diese Vorgaben deuten ein weiteres Feld an, auf dem Frauen Anfeindungen zu ertragen und Widerstände zu überwinden hatten. Wenn es heute allmählich zur Normalität wird, dass Frauen auch Waldhorn, Fagott oder Kontrabass spielen, so ist dies Ergebnis einer langen historischen Entwicklung, in der immer mehr Frauen sich diesen »Schicklichkeits«-Regeln widersetzten. Das war bereits um 1800 der Fall. In Bezug auf Mozart ist es nun überraschend zu sehen, mit wie vielen Frauen er berufliche Kontakte pflegte, die sich über diese musikalischen Begrenzungen hinwegsetzten. Etwa zur gleichen Zeit, als Magdalena Pokorny, später Magdalena Hofdemel, bei ihrem Vater Geige lernte, um die Mitte der 70er Jahre, spielte Maria Theresia Paradis in Wien mehrfach öffentlich Orgel. Bemerkenswert ist dies auch im Hinblick auf die Kirche, die Frauen bekanntlich seit dem frühen Mittelalter Stillschweigen auferlegt hatte – was sich auf ihre Präsenz in der Kirchenmusik bis ins 20. Jahrhundert hinein ausgewirkt hat.

Eine andere unter diesem Gesichtspunkt bemerkenswerte Frau in Mozarts Umgebung ist Regina Strinasacchi. Sie gehört zu der verschwindend kleinen Zahl


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