- 189 -Kinzler, Hartmuth (Hrsg.): Musik und Leben 
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Auch dies eine bemerkenswerte Tatsache – immerhin waren anzügliche Bemerkungen über das Aussehen oder Alter einer Solistin damals keine Seltenheit.

Josepha Auernhammer hat auch eine Reihe von Kompositionen hinterlassen. Außer einer Violinsonate und einer Liedersammlung handelt es sich vorwiegend um Klavierkompositionen. Wo hat sie das Komponieren gelernt? Es ist zwar nicht ausdrücklich belegt, dass Mozart auch ihr Kompositionslehrer gewesen ist. Die Wiener Nationalbibliothek bewahrt aber das Aufgabenheft einer ungenannten Schülerin Mozarts, aus dem hervorgeht, dass Kompositionsaufgaben durchaus Teil seines Unterrichts waren – auch bei Schülerinnen. Wenn man sich klarmacht, wie viele Jahrzehnte es gedauert hat, bis Frauen an Musikhochschulen und Konservatorien Zugang zu den Kompositionsklassen hatte, wird deutlich, wie vorurteilslos Mozarts Position in dieser Frage war.

Zwei weitere Komponistinnen der Zeit haben zwar nicht bei Mozart studiert, waren aber durch berufliche Kontakte mit ihm verbunden. Die erste, Marianna Martinez, Schülerin Metastatios, Haydns, Porporas und Bonnos, war im Wien der Jahrhundertwende eine hoch angesehene Musikerin. Seit 1773 war sie Mitglied der Philharmonischen Akademie in Bologna, später verlieh man ihr dort und in Pavia den Titel einer Doktorin.19

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Hermann Abert, a. a. O. (s. Anm. 2), Bd. II, S. 68.
An ihren Kompositionen fällt auf, dass sie sich keineswegs auf den frauentypischen hausmusikalischen Rahmen beschränkten. Sie schrieb Messen, Oratorien, Klavierkonzerte und andere Werke in sinfonischer Besetzung, und zumindest in einem Fall ist auch die öffentliche Aufführung eines Oratoriums belegt. Seit 1782 veranstaltete sie mit ihrem Bruder zusammen regelmäßige Hauskonzerte, eine Form halböffentlicher Wirksamkeit, die im Musikleben Wiens damals eine große Bedeutung hatte und oft von Musikerinnen getragen wurde. An Marianna Martinez’ Hauskonzerten nahm auch Mozart regelmäßig teil, und es ist belegt, dass sie bei dieser Gelegenheit zusammen vierhändig Mozartsonaten spielten.20
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Ebenda., S. 69.

Eine andere Kollegin, mit der Mozart kooperierte, war Maria Theresia Paradis. Wie Marianna Martinez war sie Schülerin Koželuchs, hatte aber auch Gesang bei Righini und Salieri und Komposition bei dem berühmten Abt Vogler studiert. Wie Marianna Martinez beschränkte sich auch Maria Theresia Paradis nicht auf kammermusikalische Besetzungen, sondern schrieb außer zwei Klavierkonzerten auch Bühnenwerke. Ihre Berühmtheit zu Lebzeiten verdankte sie allerdings nicht dem Komponieren, sondern ihrer Tätigkeit als Konzertpianistin. Maria Theresia Paradis war eine der ersten Instrumentalsolistinnen im modernen Sinn. Anders als Maria Anna Mozart, deren Laufbahn mit der Kindheit endete, und anders als Josepha Auernhammer, deren Wirkungskreis sich schließlich doch auf Wien beschränkte, konzertierte sie viele Jahrzehnte lang und nicht nur in Österreich und Deutschland, sondern auch in Frankreich, in der Schweiz, in England und den Niederlanden. Was dies in Zeiten der Postkutsche, noch vor dem Bau stabiler Chausseen und vor Einrichtung der Schnellpost – von Eisenbahnen


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