Auch dies eine bemerkenswerte
Tatsache – immerhin waren anzügliche Bemerkungen über das Aussehen oder Alter einer
Solistin damals keine Seltenheit.
Josepha Auernhammer hat auch eine Reihe von Kompositionen hinterlassen. Außer
einer Violinsonate und einer Liedersammlung handelt es sich vorwiegend um
Klavierkompositionen. Wo hat sie das Komponieren gelernt? Es ist zwar nicht
ausdrücklich belegt, dass Mozart auch ihr Kompositionslehrer gewesen ist. Die Wiener
Nationalbibliothek bewahrt aber das Aufgabenheft einer ungenannten Schülerin
Mozarts, aus dem hervorgeht, dass Kompositionsaufgaben durchaus Teil seines
Unterrichts waren – auch bei Schülerinnen. Wenn man sich klarmacht, wie viele
Jahrzehnte es gedauert hat, bis Frauen an Musikhochschulen und Konservatorien Zugang
zu den Kompositionsklassen hatte, wird deutlich, wie vorurteilslos Mozarts Position in
dieser Frage war.
Zwei weitere Komponistinnen der Zeit haben zwar nicht bei Mozart studiert, waren aber
durch berufliche Kontakte mit ihm verbunden. Die erste, Marianna Martinez, Schülerin
Metastatios, Haydns, Porporas und Bonnos, war im Wien der Jahrhundertwende eine
hoch angesehene Musikerin. Seit 1773 war sie Mitglied der Philharmonischen
Akademie in Bologna, später verlieh man ihr dort und in Pavia den Titel einer
Doktorin.19
Hermann Abert, a. a. O. (s. Anm. 2), Bd. II, S. 68.
|
An ihren Kompositionen fällt auf, dass sie sich keineswegs auf den frauentypischen
hausmusikalischen Rahmen beschränkten. Sie schrieb Messen, Oratorien, Klavierkonzerte
und andere Werke in sinfonischer Besetzung, und zumindest in einem Fall ist auch die
öffentliche Aufführung eines Oratoriums belegt. Seit 1782 veranstaltete sie mit ihrem
Bruder zusammen regelmäßige Hauskonzerte, eine Form halböffentlicher Wirksamkeit,
die im Musikleben Wiens damals eine große Bedeutung hatte und oft von Musikerinnen
getragen wurde. An Marianna Martinez’ Hauskonzerten nahm auch Mozart regelmäßig teil,
und es ist belegt, dass sie bei dieser Gelegenheit zusammen vierhändig Mozartsonaten
spielten.
20
Eine andere Kollegin, mit der Mozart kooperierte, war Maria Theresia Paradis. Wie
Marianna Martinez war sie Schülerin Koželuchs, hatte aber auch Gesang bei Righini und
Salieri und Komposition bei dem berühmten Abt Vogler studiert. Wie Marianna
Martinez beschränkte sich auch Maria Theresia Paradis nicht auf kammermusikalische
Besetzungen, sondern schrieb außer zwei Klavierkonzerten auch Bühnenwerke. Ihre
Berühmtheit zu Lebzeiten verdankte sie allerdings nicht dem Komponieren, sondern
ihrer Tätigkeit als Konzertpianistin. Maria Theresia Paradis war eine der ersten
Instrumentalsolistinnen im modernen Sinn. Anders als Maria Anna Mozart, deren
Laufbahn mit der Kindheit endete, und anders als Josepha Auernhammer,
deren Wirkungskreis sich schließlich doch auf Wien beschränkte, konzertierte sie
viele Jahrzehnte lang und nicht nur in Österreich und Deutschland, sondern
auch in Frankreich, in der Schweiz, in England und den Niederlanden. Was
dies in Zeiten der Postkutsche, noch vor dem Bau stabiler Chausseen und vor
Einrichtung der Schnellpost – von Eisenbahnen