- 188 -Kinzler, Hartmuth (Hrsg.): Musik und Leben 
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historisch bedeutsam geworden.17
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Freia Hoffmann, Instrument und Körper. Die musizierende Frau in der bürgerlichen Kultur, Frankfurt a. M. u. Leipzig 1991, S. 100–104.
Es scheint, als habe Mozart in den zehn Jahren, in denen er in Wien Pianistinnen ausgebildet hat, dazu mit den Grund gelegt.

Wichtig war allerdings auch, dass seine Tätigkeit in eine Zeit fiel, in der es Frauen bereits wagten, sich allen Schicklichkeitsregeln zum Trotz auf professionelle Karrieren vorzubereiten. Ein Beispiel ist Josepha Auernhammer, die wir 1781 und 1782 als Mozart-Schülerin antreffen. Nur sieben Jahre jünger als Maria Anna Mozart, hat sie ihre professionellen Interessen offenbar entschieden ernster genommen. Sie setzte ihre Ausbildung als erwachsene Frau fort, studierte bei Joseph Richter und Leopold Koželuch, trat mit Mozart zusammen öffentlich auf und assistierte ihm bei der Drucklegung von Kompositionen. Aus einem Mozartbrief geht hervor, dass die damals 23-jährige Frau Zukunftspläne geschmiedet hat, die ein oder zwei Jahrzehnte vorher historisch kaum denkbar gewesen wären. Mozart schreibt an seinen Vater: [...] sie hat mir ihren Plan als ein geheimnüss entdeckt, der ist noch 2 oder 3 Jahr rechtschaffen zu studiren, und dann nach Paris zu gehen, und Metier davon zu machen. – denn sie sagt, ich bin nicht schön; o contraire hässlich. einen kanzley Helden mit 3 oder 400 gulden mag ich nicht heurathen, und keinen andern bekomme ich nicht; mithin bleib ich lieber so, und will von meine talent leben. und da hat sie recht; sie bat mich also ihr beyzustehen, um ihren Plan ausführen zu können. – aber sie möchte es niemand vorher sagen.18

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Brief vom 27. Juni 1781.

Es scheint, dass Mozart hier die Frage der Schönheit und der Aussichten auf eine Ehe überbetont hat. Josepha Auernhammers Überlegungen zu einer Karriere sind zu gründlich, um nur sozusagen die zweite Wahl zu betreffen. Schon die Ankündigung, noch zwei oder drei Jahre zu studieren, spricht dagegen. Auch die Mitteilung dieses Planes an ihren Lehrer kann nur das Ziel verfolgt haben, den Unterricht auf eine solide professionelle Basis zu stellen. Und vollends verrät der Plan, nach Paris auszuwandern, einen realistischen Blick auf die Hindernisse, die sich im deutschsprachigen Raum damals einer Berufsmusikerin noch entgegenstellten. Wenige Jahrzehnte später hat eine ganze Reihe hochqualifizierter Pianistinnen aus diesem Grund Deutschland den Rücken gekehrt, zum Beispiel Caroline de Belleville-Oury, Marie Louise David-Dulcken, Leopoldine Blahetka und Josephine Eder-Vieuxtemps. Die beleidigten Kommentare, die man ihnen in deutschen Musikzeitschriften nachsandte, hat diese Musikerinnen nicht davon abgehalten, in Frankreich bzw. England glänzende Karrieren zu machen.

Aber zurück zu Josepha Auernhammer. Obwohl sie in Wien blieb und 1786 doch einen »Kanzleihelden« namens Bessenig geheiratet hat, bestand sie auf einem Status als Berufsmusikerin und trat, weiterhin unter dem Namen Auernhammer, bis zum Jahr 1813, also bis zu ihrem 55. Lebensjahr, öffentlich auf.


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