- 187 -Kinzler, Hartmuth (Hrsg.): Musik und Leben 
  Erste Seite (1) Vorherige Seite (186)Nächste Seite (188) Letzte Seite (435)      Suchen  Nur aktuelle Seite durchsuchen Gesamtes Dokument durchsuchen     Aktuelle Seite drucken Hilfe 

sie »eine der geschicktesten Spilerinnen in Europa«16
16
Brief vom 8. Juni 1764, zit. nach: Mozart. Briefe und Aufzeichnungen. Gesamtausgabe, 7 Bde., Kassel 1962–1975.
), entschiedene Professionalität (das hieß vor allem, mit der Musik den Lebensunterhalt zu verdienen) und eine jahrelange, bis Paris und London ausgedehnte Reisetätigkeit. 13 Jahre jünger als Maria Anna Mozart war ein anderes pianistisches »Wunderkind«: Rosina Cannabich, eine Mannheimer Schülerin Mozarts, für die er die bekannte Klaviersonate C-Dur KV 309 komponierte. Wie Maria Anna stammte auch Rosina Cannabich aus einer Musikerfamilie – anders wäre eine professionelle Ausbildung für eine Frau kaum denkbar gewesen. Gemeinsam ist diesen beiden Musikerinnen auch, dass sie als erwachsene Frauen nicht mehr öffentlich aufgetreten sind. Leopold Mozart hat die Unterscheidung zwischen gesellschaftlich akzeptierter musikalischer Kinderarbeit und den Schicklichkeitsforderungen an eine erwachsene Frau konsequent getroffen und durchgesetzt. Nach 1766 nahm Maria Anna Mozart – sie war nun 15 Jahre alt – an den Konzertreisen nicht mehr teil, ihr musikalisches Können wurde sozusagen uminterpretiert und wie die Mitgift einer höheren Tochter präsentiert. Die väterliche Rechnung ging auf: Nach vielen langweiligen Jahren im kleinstädtischen Salzburg, die in Maria Annas Tagebuch dokumentiert sind, fand sich in Johann Baptist von Berchtold zu Sonnenburg der gesellschaftlich passende Schwiegersohn, und die Verpflichtungen, die in dieser Ehe auf Maria Anna Mozart warteten, haben die Erinnerung an eine verheißungsvoll begonnene solistische Karriere wohl schnell verblassen lassen.

Als Wolfgang Amadé Mozart 1781 nach Wien übersiedelt, können wir dort die Sozialgeschichte der Musikerinnen in einem anderen Stadium beobachten. Mozart selbst hat bereits eine Reihe von erwachsenen Klavierschülerinnen, die nicht mehr von Vätern ausgebildet werden, sondern ihre Lehrer unter den bekannten Wiener Musikern gezielt auswählen. Das pianistische Niveau dieser Musikerinnen können wir an Widmungen Mozartscher Kompositionen ablesen. Für Franziska von Jacquin schrieb er das Klaviertrio KV 498, das so genannte Kegelstatt-Trio. Für Therese von Trattner entstanden die Sonate und die Fantasie c-Moll KV 457 und 475.

Zusammen mit anderen Klavierschülerinnen Mozarts, Josepha Auernhammer und Josepha von Henickstein, Nanette Stein-Streicher und Magdalena Hofdemel ergibt sich ein Bild, das noch bis ins 19. Jahrhundert hinein für die Musikmetropole Wien typisch sein dürfte. Vorwiegend handelte es sich um so genannte Liebhaberinnen, die auf hohem Niveau, aber normalerweise nur privat oder halböffentlich spielten. Teilweise handelte es sich aber auch bereits um so genannte Virtuosinnen, d. h. Frauen, die die Musik zu ihrem Beruf gemacht hatten oder sich darauf vorbereiteten. Etwa zehn Jahre nach Mozarts Tod wird von Reisenden vor allem das auffallende Niveau der Wiener Pianistinnen hervorgehoben. Besonders für die Anfänge der Beethoven-Interpretation sind Frauen


Erste Seite (1) Vorherige Seite (186)Nächste Seite (188) Letzte Seite (435)      Suchen  Nur aktuelle Seite durchsuchen Gesamtes Dokument durchsuchen     Aktuelle Seite drucken Hilfe 
- 187 -Kinzler, Hartmuth (Hrsg.): Musik und Leben