- 184 -Kinzler, Hartmuth (Hrsg.): Musik und Leben 
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habe, in ein hölzernes Gartenhäuschen gesperrt haben [...], damit der Meister nicht Mangel leide und sich zufrieden bei Wein und Weib dem Gesang widme.9
9
Hildesheimer, a. a. O. (s. Anm. 7), S. 321.

Am übelsten haben die Mozartbiografen – und hier kann man nur wenige wie Volkmar Braunbehrens10

10
Volkmar Braunbehrens, Mozart in Wien, München u. Zürich 2. Aufl. 1986.
und Howard C. Robbins Landon11
11
Howard C. Robbins Landon, 1791. Mozarts letztes Jahr, aus dem Engl. von Ken W. Bartlett, Düsseldorf 1988.
Ders., Das Mozart-Kompendium. Sein Leben – seine Musik, aus dem Engl. von Fred Büttner, Marlis Fest u. Christine Mrowietz, München 1991.
ausnehmen – aber Constanze Mozart mitgespielt. Landon fasst es so zusammen: Konstanze Mozart dürfte die unpopulärste Frau der Musikgeschichte sein. Während der letzten hundert Jahre ist sie einer zunehmend verleumderischen Reihe von Angriffen ausgesetzt gewesen: Sie war ein Flittchen, sie war eine oberflächliche, törichte Frau, unfähig, Mozart Verständnis entgegenzubringen, sie verwirtschaftete das Haushaltsgeld und verleitete ihn dazu, ein wirres, wenn nicht gar liederliches Leben zu führen. Diese Vorwürfe stammten vornehmlich von deutschen Musikwissenschaftlern und haben neuerdings den Grad der Gehässigkeit überstiegen.12
12
Landon, Mozarts letztes Jahr, S. 225.

Als Kostprobe sei wiederum eine Passage aus der Mozart-Biografie von Hildesheimer zitiert – die übrigens vorgibt, Constanze nun endlich Gerechtigkeit widerfahren zu lassen: Sie war der Prototyp des Weibchens. [...] Constanzes Gefühlsleben spielte sich auf der vordergründigen Ebene unmittelbarer Sinnesempfindung ab, auf die sie ebenso unmittelbar reagierte. Sie gab sich ihren Trieben hin, liebte das Vergnügen, war überaus beeinflußbar. [...] Und da auch Wolfgang im äußeren Leben zu chaotischer Unordnung neigte, war es das Natürlichste für sie, sich an dieser Unordnung zu beteiligen und sie dadurch zu fördern. Hier wurde ihr von seiten der Biographen der größte Vorwurf gemacht, zu Unrecht, wie alle Vorwürfe. Zwar hat sie durch Verschwendung, nicht größer als die seine, und gewiß nicht »Verschwendungssucht«, zum finanziellen Ruin der Familie beigetragen – den anderen Teil der Schuld trägt Wolfgang selbst –, aber das hat sie, zumindest in den ersten sieben Jahren, in einem anderen Bereich des Ehelebens wieder gutgemacht. Denn die Eigenschaft ausgeprägter Wirtschaftlichkeit wirkt sich unfehlbar auch auf das übrige Eheverhältnis aus, und zwar auf einem Gebiet, auf dem übergroßes Haushalten Wolfgang, wenn wir ihn richtig einschätzen, schwer getroffen hätte. Die Tugend häuslicher Ordentlichkeit kommt selten allein. Sie zieht andere Eigenschaften mit sich, die nur Philistern und frigiden Naturen als Tugenden gelten können.13

13
Hildesheimer, a. a. O., S. 263 f.

Es verwundert, wie hemmungs- und distanzlos hier der Biograf seinen Helden ins Schlafzimmer begleitet und wie ungeniert er sich zum Intimfreund aufschwingt, der mit Mozart postum über die sexuelle Verfügbarkeit von Frauen fachsimpeln möchte. Solche Sätze verraten wenig über Mozart und umso mehr über ihren Verfasser.

In Wirklichkeit – und das geht im Erfindungseifer der Mozartbiografen fast immer unter – wissen wir von Constanze Weber so gut wie nichts, jedenfalls nicht aus den neun Jahren ihrer Ehe mit Wolfgang Amadeus Mozart. Die wesentliche


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