in der Regel
verdient, nämlich in der (alten) Bundesrepublik von 1949 bis 1989. Es nimmt wenig
wunder, daß im Kaiserreich mit seinen junkerlich-feudalen Überresten Militärisches auch
in diesem Zusammenhang vorkommt. Wie zu erwarten, tritt es bereits vor dem
Weltkrieg ziemlich häufig auf. Auf entsprechenden Bildpostkartengenres der
Bundesrepublik Deutschland, die bis zur Wiedervereinigung ein verhältnismäßig
ziviler und insofern ziemlich zivilisierter Staat war – Schnee von gestern –, wäre
dergleichen unvorstellbar gewesen. Dennoch erscheint es unverkennbar, daß einige
Bereiche recht sorgfältig von eben diesem Militärischen freigehalten sind. Bei aller
Penetranz, mit der sich Militärisches vor allem in der Realität des Wilhelminischen
Reichs geltend machte, nicht zuletzt auch in Musik und Musikkultur zwischen
Parademarsch und Heinzelmännchens Wachtparade, sind – mindestens in dem Genre
Glückwunschpostkarten – Frauen weitaus beliebter als Offiziere. (Der Schluß daraus, daß
mehrheitlich eher Männer die Adressaten und eventuell sogar die Absender seien,
wäre möglich, müßte aber empirisch durch Untersuchungen über Gebrauch
– Kommunikationsbedürfnisse, Motive, Rezeption usw. – genauer erforscht
werden.)
Allerdings treten Soldaten zwar nicht im Häuslich-Privaten (Weihnachten), wohl aber
bei Frühlingshaftem in Erscheinung. Dort werden sogar Tiere als k. v. in Dienst gestellt.
Auf einer Chromolithographie um 1900 (Abb. 9) salutiert ein Hasenoffizier vor einer
Schildwache, beide mit leicht phantastischen Uniformen; hinter dem eiförmigen
Schilderhäuschen eine Hasenfrau mit Schürze. Alle blicken ausgesprochen streng und
stumm, fast entsetzt; nicht einmal das »Fröhliche Ostern« des Texts, sondern
allenfalls ein kurzer Befehl ist hier vorstellbar. Der Oster-Kontext führt dazu,
daß das ausgerechnet Hasen sind, ungeachtet der sprichwörtlichen Hasenfüße.
Die sozialpsychologische Grundlage dürfte ambivalent sein: einerseits wird der
Geltungsbereich des Militärischen universalisiert, andrerseits wird er verniedlicht, fast
verhohnepipelt, schließlich jedoch gerade in dieser Zweideutigkeit in seiner Relevanz
befestigt.
Ebenfalls »Fröhliche Ostern« wünscht verbal eine Karte im Raster-Farbdruck (Abb. 10).
Hasenmatrosen mit zwei Kriegsschiffen im Hintergrund retten Matrosen-Küken, die in
Eierschalen auf Wasser schwimmen, und jämmerlich und aufgeregt zu piepsen scheinen.
Himmel wie Wasser sind in blutigen Abendrotschein getaucht. Die Matrosen blicken eher
grimmig, mindestens streng. Das Ganze wirkt wie ein Vorschein für das »Morgenrot,
Morgenrot / leuchtest mir zum blut’gen Tod«: der Poststempel ist datiert auf 10. 4.
1914, Wilhelmshaven.
Die Karte für einen Geburtstagsglückwunsch, abgeschickt im März 1920, dürfte
älter sein, aus der Zeit des 1. Weltkriegs. (Abb. 39) Der Text ist merkwürdig
offen und lautet schlicht: »Viele Wünsche zum Geburtstage«. Die Szenerie ist
militärisch. Ein Junge, mit feldgrauer Uniform (um den Dienstrang mochte ich mich
nicht kümmern) samt Mütze und Schleppsäbel, also wahrscheinlich etwas in
Richtung Offizier, schwenkt einen Strauß mit Rosen. Rechts und links neben
ihm stehen in einem angedeuteten Schützengraben zwei Schanzkörbe ebenfalls
mit Rosen. Vor ihm, auf dem Rand der Befestigung liegt eine Kanone ihrer