Funktionsfähigkeit nach zweifelhaften Typs. Offen bleibt, ob der Feldgraue damit die
Rosen oder nur Böller verschießen will. Es wird jedenfalls knallen. Wie auch sonst
öfter, wird der sowieso nur imaginär-reale Klang hier noch als bloß futurischer
zusätzlich gedämpft, bleibt aber dennoch wahrnehmbar. Bekanntlich waren
die Geräusche der Materialschlachten Musik in den Ohren der italienischen
Futuristen.
Glöckchen und Glocken
»Fröhliche Ostern« wünscht eine Wiener Künstlerkarte um 1900 (Chromolithographie
mit Reliefprägung, Abb. 4). Bei einer braun-gelben Brezel (ein Typ ohne Salz) sind die
Zwischenräume durch zwei rote Eier ausgefüllt. Im Hintergrund, jugendstilmäßig
verschnörkelt wie die Schrift, bimmeln Glocken, als drei filigrane Glöckchen an langen
Schnüren. Deren Linienführung ergibt wieder etwas Musikalisches, nämlich den G- bzw.
Violinschlüssel – ein hübscher Einfall; die damit vorstellbare Klanglichkeit, etwa Geige
plus Glockenspiel, dürfte apart sein.
»Fröhliche Weihnachten« lautet der lapidare Text einer nicht datierten, graphisch vor
dem Jugendstil anzusiedelnden Chromolithographie (Abb. 44). Ein Knabe im festlich
stilisierten Matrosenanzug mit Kniehose, das Mädchen in langem weißem Kleid, beide
mit ausgebreiteten Armen – man weiß nicht recht, ob es wegen der Rutschgefahr
auf den spiegelblanken Fliesen ist; sie scheinen jedenfalls Mühe zu haben, die
Balance zu halten – eilen auf die Mutter zu, die ebenfalls die Arme ausgebreitet
hat. Das Signal zu alldem gibt der Vater, der mit dem Glöckchen klingelt,
das er vornehm zwischen Daumen und Zeigefinger hält. Die ganze Szenerie ist
sehr für sich gehalten; nur der Knabe blickt aus dem Bild heraus, aber wohl
mehr wegen der Ungeschicklichkeit des Graphikers wegen als aus semantischen
Gründen
Das Glockenmotiv ist bei einem Ostergruß von 1901 (Abb. 5) reduziert auf die
Christrose, die ein noch ziemlich nikolausmäßig ummanteltes niedliches Mädchen, auf
einem Osterhasen im Schneegestöber reitend, über dem Haupt schwingt – ein
schwacher Klang, aber immerhin gemeint: im Hintergrund sehen wir überdies einen
Kirchturm.
Machtvolle Klänge vermittelt dagegen eine Chromolithographie »Erinnerung an
das erste Osterfest im neuen Jahrhundert« (Abb. 1; siehe Abbildung auf der
gegenüberliegenden Seite). Die Karte, im Hochformat, zeigt einen Ausschnitt aus einem
Glockenturm mit zwei schwingenden Glocken. Die vordere, groß im Bild, trägt die
Aufschrift »Ostern 1900«; beide tragen Blumengirlanden. Ein (ungeflügelter) Putto, die
unteren Teile von einem Rasenstück ohne Rasen mit Schlüsselblumen, Palmkätzchen und
Veilchen elegant verdeckt, zieht energisch am Seil, ein zweiter, mit einer Blumengirlande
umwickelt, wirft Blümchen.