- 16 -Kinzler, Hartmuth (Hrsg.): Musik und Leben 
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dieser Musik?”27
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Sabine Schutte, Musik im Salon, in: Musik im 19. Jahrhundert, a. a. O. (s. Anm. 23), S. 9.
, »Das Klavierspiel als Domäne der Frauen«28
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Ebd., S. 30.
, eines der vorgestellten Musikbeispiele ist das Gebet einer Jungfrau von Tekla B±darzewska29
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Ebd., S. 12 ff.
. Wir Kolleginnen waren um 1980 daran gewöhnt, dass in der Musikwissenschaft Geschlechterfragen überhaupt nicht thematisiert wurden und wenn, dann in abgesonderten Räumen, zu denen der normale Musikwissenschaftler und Lehrer einen ausreichenden Sicherheitsabstand wahrte. Deshalb war genau das spektakulär: eine selbstverständliche Thematisierung der Geschlechterverhältnisse, eng am musikalischen Material, integriert in Schilderung und Reflexion des zur Diskussion stehenden Musiklebens. Bei Sabine Giesbrecht scheint das Interesse an Frauenforschung nicht aus einem vordergründigen emanzipatorischen oder kompensatorischen Impuls motiviert, sondern Ergebnis einer konsequent weitergedachten Sozialgeschichte der Musik. Deshalb sind ihre Arbeiten auch Arbeiten zur Geschlechterforschung gewesen, lange bevor jüngere Wissenschaftlerinnen meinten, diese Ergänzung mit den Begriffen »Frauen- und Geschlechterforschung« oder »Genderforschung« besonders betonen zu müssen. Ein herausragendes Beispiel ist ihr Beitrag zu dem Band Gesellige Musik, eine Anordnung von Unterrichtsmaterial zur Musik- und Kompositionspraxis von Felix und Fanny Mendelssohn30
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Sabine Schutte, Formen des öffentlichen und privaten Musiklebens im Umkreis der Geschwister Mendelssohn, in: Gesellige Musik, a. a. O. (s. Anm. 26), S. 7–80.
, in der unter anderem nach der »spezifisch ,männlichen‘ Komponente« von Mendelssohnschen Männerchören gefragt wird31
31
Ebd., S. 36.
. Dort findet sich übrigens, wenn auch nur in Form eines ausgearbeiteten Arbeitsvorschlages, eine der wenigen überzeugenden gender-bezogenen Musikanalysen32
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Ebd., S. 67 ff.
, die ich kenne, wenn ich einmal absehe von den avancierteren Arbeiten der amerikanischen Kolleginnen und Kollegen. Die Analyse bezieht sich auf Felix Mendelssohns Lied ohne Worte op. 38, Nr. 6, von dem Robert Schumann sagte, es seien Liebende, »die hier reden, leise, traulich und sicher«.

Seit Mitte der achtziger Jahre hat die musikwissenschaftliche Frauen- und Geschlechterforschung in Sabine Giesbrechts Arbeit einen immer größeren Raum beansprucht, beginnend mit einem Artikel über Frauenrollen in Oper und Operette um 190033

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Sabine Schutte, Frauenrollen in Oper und Operette vor und nach 1900, in: Kunst und Kultur von Frauen. Weiblicher Alltag, weibliche Ästhetik in Geschichte und Gegenwart, hg. von Jutta Held, Loccum 1985, S. 89–97.
. Es handelt sich um eine spannende Studie über die Unterschiede zwischen den Frauendarstellungen in der Oper, wo hemmungslos gedemütigt, misshandelt und getötet wird, und den lebens- und männererfahrenen Frauen, wie die zeitgleiche Operette sie vorführt. Wieder begegnen wir echter Geschlechterforschung, die nicht zum soundsovielten Mal das Ausmaß von Frauenunterdrückung anprangert, sondern Schattierungen, Gegenentwürfe und Widersprüche wahrnimmt. Auch die Freude an den sinnlichen Momenten von

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