das Akustische im Modus des Imaginär-Realen. Wie die immer erneuten und
vielfältigen Ansätze zur Verbindung von Akustischem bzw. Musik vor allem mit
Optischem zeigen, dominiert letztlich ein gewisses Ungenügen an der nur auf
eine Sinnes-Dimension eingeschränkten Technischen Reproduktion. In dieser
wird im Verlauf ihrer historischen Entwicklung und systematischen Entfaltung
mühsam und unvollkommen genug etwas von dieser Einheit resynthetisiert, die
die Menschen in und mit ihr zunächst nur stückweise, analytisch zu ergreifen
vermögen.
Bei den neuen Synthesen von Musikalischem und Optischem innerhalb der Kulturformen
und Medien gibt es, systematisch gesehen, zwei gegenläufige Prozesse, je nach Vorrang
des einen oder anderen, und in diesem Zusammenhang wiederum verschiedene, hier nur
andeutungsweise zu nennende Typen.
Zum einen werden nach der Formel Musik + x (das hier weit überwiegend Optisches ist)
Musik, d. h. sowohl die Musikinstrumente wie der (technisch vergegenständlichte)
Musiziervorgang bebildert, gewissermaßen illustriert. Zum andern wird nach der Formel
x + Musik Musik mit fast beliebigen Elementen und Objekten verbunden. Dabei werden
einerseits Gegenstände zum alltäglich-praktischen Gebrauch oder als wichtiger
Sonderbereich Spielzeuge mit Musik(apparaten) versehen. Andrerseits kommt Musik zu
Optisch-Medialem hinzu, das selber also bereits von Gegenständen abgezogenes,
technisch (Re-)Produziertes ist. Die historisch vorerst wichtigste Erscheinungsform
dieses Typs ist der Film. Ziele sind hier wie dort, durchaus widersprüchlich,
Naturalismus und/oder gesteigerte Künstlichkeit. Für diese steht vor allem
die »reine« Musik, für jenen vor allem die Beimischung von Geräusch bzw.
Realton. In der Anfangszeit der Technischen Reproduktion des Akustischen
zeigt eine Notiz von 1878 in der Gartenlaube (168) ironische Skepsis gegen
die Bild-Ton-Verbindung: »Ein Engländer hat vorgeschlagen, zu den für die
Nachwelt aufzuhebenden Reden und Dialogen [sc. prominenter Schauspieler] das
Mienenspiel in einer entsprechenden Folge zu photographieren, so daß man die
Person mit ihrem Mienenspiel sähe und sie gleichzeitig reden oder singen hörte –
ein Non plus ultra von Zukunftsspaß!« Gegenüber dem bloßen Porträt per
Einzelbild ist, allerdings nur gedacht, die quasi-filmische Sukzession zur Bilder-Reihe
vorgesehen.
In der Reduktion auf die zwei Elemente Bild und Wort stellt sich das Akustische mittels
synästhetisch ergänzender Assoziation her, die durch eines dieser beiden Elemente
oder von beiden zusammen evoziert und provoziert wird. Das breite Spektrum
umfaßt bloße Geräusche, Klänge, Sprechen, Singen oder (instrumentales) Spielen,
Tanzen.
Wir haben hier einmal mehr einen der Berührungspunkte zwischen Rummelplatz und
Staatsoper, Avantgarde- bzw. sogar Elitekunst und Massenkultur. Phänomene wie die
»schreiende Reklame« auf dadurch sprechenden Wänden oder Litfaßsäulen und generell
moderne Werbetechniken reichen etwa bei Stéphan Mallarmé bis hinein in poetische
Strukturierung und Typographie, trotz