anderes über. Sie dachte darüber nach, was wohl der Grund sein könnte und
entschloß sich, nach reiflicher Überlegung, mit der Frau Äbtissin zu sprechen.
Ohne daß Schwester Paula dies wußte, ließ diese Kursteilnehmerin, die
Regierungsbeamte ist und die staatliche Aufsicht über Konservatorien unter
sich hat, die Frau Äbtissin rufen. Sie bat diese, ob sie nicht einen Kurs
über allgemeine Musikpädagogik haben dürfte. Frau Äbtissin sagte, es wäre
ein besonderer Fall und eine solche Ausbildung würde Jahre dauern. Sie
würde über den Fall nachdenken. Schwester Paula sei überbeschäftigt und
behandele nur Gregorianik.
Nach drei Tagen gab sie eine zustimmende Antwort, und der Unterricht
begann. Zuerst waren es alle vier, die an dem Kurs teilnahmen. Es stellte sich
aber bald heraus, daß der neue Unterrichtsstoff nur die eine Teilnehmerin,
die Beamte, wirklich interessierte. So blieb sie allein. Alles, was ihr erklärt
wurde, war vollständig neu für sie. Sie war früher nur Pianistin, wandte sich
aber dann dem Pädagogischen mehr zu. Sie verbrachte schlaflose Nächte,
einen solchen Eindruck machte ihr die Umstellung.
Nach einigen Monaten versuchte sie das Gelernte anzuwenden. Sie wählte
dazu ein ziemlich unbegabtes Mädchen, das sie – ohne Bezahlung –
unterrichtete. Nach einem Monat konnte dieses Mädchen bereits sieben
Stücke auf dem Klavier und in allen Tonarten spielen. Für Improvisation
hatte sie anfangs Schwierigkeiten, die aber auch bald überwunden wurden.
Das Gehör bildete sich, mit Tonika-Do, ausgezeichnet. Drei Monate später
wurde ein Kurs für Kinder eingerichtet, und diese erste Schülerin half bereits
beim Unterrichten. Später richtete diese selber einen Kurs ein, für Kinder.
Nach Verlauf eines Jahres konnten die Kinder des ersten Kurses bereits alle
Töne, Modulation und alle Rhythmen: tafe-ta etc.
Der Unterricht wird, wegen der Schwierigkeit der Silben do-re-mi, die
in Brasilien absolute Tonhöhe bedeuten, mit der historischen Silbenreihe
da-me-ni-po-tu-la-be27
Die Silben wurden von Karl Heinrich Graun entwickelt und verwendet. Sie
gehören zu den vielen Neuentwicklungen des 18. Jahrhunderts. Graun bildet
die Silben mit einer fortlaufenden Vokalreihe.
|
,
die Schwester Paula gewählt hat, gegeben.
Nach sechs weiteren Monaten richtete die Schülerin (Regierungsbeamte)
einen Kurs für Lehrer und Lehrerinnen ein. Dieser behandelte neben der
Gehörsbildung auch Musikpädagogik und lebendige Harmonielehre nach
Tonika-Do. Dieser Kurs war ein besonderer Erfolg, wie eine Offenbarung
für die Lehrer. Sie hätten nie gedacht, daß Harmonielehre interessant sein
könne, und daß sie einen besonderen Platz im Berufsleben des Musiklehrers
einnehmen könne.–
Nach dem ersten Jahr des Kinderkursus, als die Hauptlehrerin schon nicht
mehr Zeit für alle Stunden fand, übergab sie den Kinderkurs an ihre erste
Schülerin. Diese hatte sich bereits so vervollkommnet, daß sie andere Kurse
einrichten mußte. Es kamen die Mütter aus vielen Stadtvierteln, aus den
Gegenden der reichsten und angesehensten Leute, und baten um Unterricht
für ihre Kinder. An diesen Kursen nahmen schon Kinder von drei Jahren
teil. Die Mütter waren ganz erstaunt über die Leistungen und dachten, ihre
Kinder wären alle Genies. Sie fragten die Lehrerin, die erklärte, daß die
T.D.Methode diese Resultate allgemein zeitigte. Die Hauptlehrerin besuchte
von Zeit zu Zeit die Stunden der Kinderkurse und war ganz erstaunt über die
Entwicklung, die diese angenommen hatte. Sie war gekommen, um etwa zu
helfen und fand, daß sie selber noch zu lernen hätte. Es wurden nun von den
Lehrer-Kursteilnehmern überall Tonika-Do-Kurse eingerichtet, für Klavier,
Harmonie und Kinderkurse, auch im Kindergarten. Ein Kindergarten hat
einen entzückenden Raum hergerichtet, ganz auf Tonika-Do eingestellt, mit
pädagogischem Material, Instrumenten für Kinder, die diese teils selbst
fertiggestellt haben. –
Fast alle Konservatorien des Bezirks haben die Taktsprache angenommen.
Hier in Brasilien sind andere Handzeichen in den Schulen obligatorisch, so
daß es da einige Schwierigkeiten noch zu überwinden
gibt.28
Es handelt sich vermutlich um das von Villa-Lobos eingeführte »manosolfa«.
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In einigen Städten in der Umgebung von São Paulo gibt es schon
Tonika-Do-Kurse, in Campinas und in Santos. Alle diese Kurse sind unter
ständiger Aufsicht der Hauptlehrerin.
Im August wurde ein Kursus für Gregorianik eingerichtet, der ganz auf
Tonika-Do basiert. Leiter ist ein Benediktiner-Pater, Dom Candido Padim,
Schüler von Schwester Paula. Am 8. September