- 131 -Kinzler, Hartmuth (Hrsg.): Musik und Leben 
  Erste Seite (1) Vorherige Seite (130)Nächste Seite (132) Letzte Seite (435)      Suchen  Nur aktuelle Seite durchsuchen Gesamtes Dokument durchsuchen     Aktuelle Seite drucken Hilfe 

Die Bedeutung, die für Maria Frieda Loebenstein aus der Zusammenarbeit mit Corbinian Gindele erwuchs, liegt zweifellos in der Vorbereitung auf ihre musikalische Tätigkeit in Brasilien. Das Manuskript für Der Gregorianische Choral wurde im Herbst 1935 abgeschlossen. Über die Zeit bis zum Kloster-Eintritt in São Paulo (1939) – insbesondere über den Zeitpunkt ihrer Ausreise – ist nichts bekannt.23
23
Einer nicht nachweisbaren Erzählung aus dem Umfeld des TD-Bundes zufolge, soll Sr. Maria Frieda Loebenstein »mit 10,- RM« nach Brasilien geflohen sein. Dieses ist durchaus denkbar, wenn es auf internen Wegen des Ordens geschah.

* * *

Nachdem Alfred Stier und andere TD-Bund Mitglieder einen neuen Kontakt zu Paula Loebenstein hergestellt hatten, schrieb sie einen ersten, zur Verbreitung vorgesehenen Bericht. Er wird hier vollständig wiedergegeben.24

24
Rundschreiben des Tonika-Do-Bundes, Nr. 5, Hannover, März 1950. Die Schreibweise von Umlauten, ß usw. wird jeweils so übernommen, wie sie in den Rundschreiben erscheint.

Abtei von Santa Maria, São Paulo, Brasilien

An die Freunde der Tonika-Do-Arbeit!

Zu meiner grössten Freude gelangten die ersten »Rundschreiben« des wiedererstandenen Tonika-Do-Bundes über den weiten Ozean nach São Paulo. Aus ihnen ersehe ich die rege Arbeit auf allen Erziehungsgebieten.

Der Bitte von Fräulein Trenkel, einiges aus meiner Arbeit mitzuteilen, entspreche ich gern und sende nun einen kleinen Bericht, der zeigen soll, dass auch im fernen Süd-Amerika die Gemüter offen sind, in den Geist wahrer Musik-Ausübung einzudringen.

Schon in der ersten Woche nach meinem Eintritt in die Abtei (1939) wurde mir die Chorleitung übertragen. Der Chor ist in einer Benediktiner-Abtei das Zentrum des monastischen Lebens. So ist es von grösster Bedeutung, dass die Ausführung des Chorgebets mit einfachsten Mitteln zu grösstmöglicher Vollendung gelangt. Die Mittel müssen einfach sein, weil der Chor nicht aus Musikern besteht, sondern aus den verschiedensten Arten von Menschen, in Bezug auf Charakter, Vorbildung und Begabung. Dazu kommt, dass der Chor aufrecht erhalten werden muss, ohne Rücksicht auf äussere Ereignisse, auf Arbeit oder Krankheit.

Ich kann wohl sagen, dass nur die Arbeit mit Tonika-Do es ermöglichte, ein verhältnismässig schnelles Resultat in der Neu- und Umgestaltung unseres Chores zu erreichen. Wir singen in der Kirche nur Gregorianik. Das Chorgebet besteht aus Solo- und Chorgesang. Eine Hauptaufgabe der Solisten ist die Intonation der Gesänge. Das heisst: die Cantorin singt den Anfang eines Gesanges der Messe oder des Offiziums allein, und der Chor fährt fort. Während nun früher die Gesänge stundenlang eingepaukt wurden, und die Cantorinnen ihre Intonationen ebenfalls nach übermässig langem Ueben, und nur mit Hilfe der Orgel geben konnte[n], erlangten die Schwestern in ziemlich kurzer Zeit eine grosse gehörmässige Sicherheit. Sie sagten zuerst immer: »Schwester Paula wirkt Wunder«. Dies Wunder ist aber nur Tonika-Do, und heute hat man sich so an diese Arbeitsweise gewöhnt, dass man sie ganz normal findet.

Die Gregorianik ist nur mit einer Methode zu erfassen, deren Ziel es ist, die Kraft der relativen Bewegung zu erkennen. Die Ton-Silben haben ja ihren Ursprung im Gregorianischen Johannes-


Erste Seite (1) Vorherige Seite (130)Nächste Seite (132) Letzte Seite (435)      Suchen  Nur aktuelle Seite durchsuchen Gesamtes Dokument durchsuchen     Aktuelle Seite drucken Hilfe 
- 131 -Kinzler, Hartmuth (Hrsg.): Musik und Leben