Zwei Bruchlinien im Lebensweg Frieda Loebensteins sind durch das Jahr 1933
und durch das Jahr ihres Eintretens in das Benediktinerinnenkloster Santa
Maria in São Paulo (1939) markiert. Daß Frieda Loebenstein auch zweimal
ihren Namen wechselte, entspricht zunächst den Ordensregeln, bezeichnet aber
auch die Tatsache, daß für sie ein jeweils neues Leben ermöglicht wurde, in
dem sie auf der Grundlage ihrer musikalischen Kompetenzen neue Wege gehen
konnte.
Im Jahre 1936 erschien im kirchlichen Verlag »Das Innere Leben« (Oranienburg) der Band Der
Gregorianische Choral in Wesen und Ausführung von P. Corbinian Gindele und Sr. Maria Frieda
Loebenstein.14
P. Corbinian Gindele u. Sr. Maria Frieda Loebenstein, Der Gregorianische Choral in Wesen
und Ausführung, Oranienburg bei Berlin: Verlag Das Innere Leben 1936.
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Wie es zu dieser Zusammenarbeit kam, ist unbekannt. Allerdings ist gut vorstellbar, daß
sich Frieda Loebenstein nach ihrem Eintritt in einen Benediktinerinnen-Orden
intensiv mit dessen »Gebrauchsmusik«, der Gregorianik, auseinandersetzte.
Die Spur zu Corbinian Gindele führt über dessen Beschäftigung mit der
Begleitung des Gregorianischen Chorals. Gindele war Musikwissenschaftler,
Organist und Komponist. Kompositorische Anregungen erhielt er besonders durch
Paul Hindemith, dem er bis zu seinem Lebensende freundschaftlich verbunden
war.15
Gindeles letzter Schüler, der Beuroner Organist und Cantor P. Dr. Stephan Petzolt, berichtet
u. a., daß C. Gindele »erst nach 1933 in Berlin bei Hindemith Unterweisungen« erhalten hat.
»Dieser besuchte ihn wiederholt in Beuron, das ja nur 40 km von Donaueschingen entfernt
liegt [. . . ]. P. Corb. hatte aber noch engeren Kontakt mit Hind.’s Frau [. . . ].«
(Frdl. Schreiben vom 12. 2. 2002) – [Hindemiths Frau Gertrud war konvertierte Katholikin.]
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Zu vermuten ist, daß Sr. Maria Frieda Loebenstein OSB Dr. Corbinian Gindele OSB
entweder innerhalb des Ordens oder über ihren (früheren) Hochschul-Kollegen Paul
Hindemith begegnete.
Der unvermutete Fund aus dem »zweiten Leben« Maria Frieda Loebensteins konnte
kürzlich durch einen weiteren Beleg ausgeweitet werden, der das systematische Vergessen
anschaulich dokumentiert:
In einem schwedischen Antiquariat fand sich der Titel
P. Corbinian Gindele, Der Gregorianische Choral in Wesen und Ausführung,
Druck und Verlag DAS INNERE LEBEN, Berlin, 1938