Ergebnissen aus der Musikwissenschaft interessiert sind.
Hier fehlt es aber an einschlägigen Veröffentlichungen wie einer grundlegenden
Monographie, was Senghaas zu Recht kritisiert. Die Musikwissenschaft kann also das
Interesse anderer Disziplinen hier nicht befriedigen. Wenn Musikwissenschaft
sich hermetisch abriegelt und nur mit sich selbst diskutiert, wie in letzter Zeit
berechtigt bemängelt wurde, etwa von Martin Geck und von Hans Heinrich
Eggebrecht
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Hans Heinrich Eggebrecht, Sinn von Musikwissenschaft heute, in: AfMw, 57. Jg. (2000), H.
1, S. 3–8; Martin Geck, Das wilde Denken. Ein strukturalistischer Blick auf Beethovens op.
31, 2, a. a. O., S. 64–77.
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,
wenn Musikwissenschaft in ihren eigenen formimmanenten Methoden verbleibt, dann
kann sie auf die Erforschung von Friedensmusik vielleicht verzichten. Wenn sie
aber einen Dialog mit anderen Wissenschaften eingeht, dann sieht sie, daß
dort viel über die Auseinandersetzung mit dem Frieden diskutiert wird. Der
große interdisziplinäre kulturgeschichtliche Friedenskongreß hier in Osnabrück
1998
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Der Frieden – Rekonstruktion einer europäischen Vision.
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hat
zwei Berichtsbände von mehr als 2000 Seiten hervorgebracht. Nur ein einziger Beitrag, mein
eigener
16
Stefan Hanheide, Zur Semantisierung des Friedens in der Musik um 1648, in: Erfahrung und
Deutung von Krieg und Frieden. Religion – Geschlechter – Natur – Kultur, hg. von Klaus
Garber u. a., München 2001, S. 1111–1131.
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,
beschäftigt sich mit Musik. Kann es wirklich sein, daß die Musik als Kulturphänomen
zum Frieden als Kulturphänomen fast nichts zu sagen hatte? Oder liegt es
nur an den beschränkten Forschungsinhalten und -methoden einer isolierten
Disziplin?
In vielen Geisteswissenschaften wird derzeit intensiv die Möglichkeit diskutiert, sich
interdisziplinär als Kulturwissenschaft zu verstehen. Zwar ist das bisherige Ergebnis noch recht
diffus17
Vgl. stellvertretend: Kulturwissenschaft. Felder einer prozeßorientierten wissenschaftlichen
Praxis, hg. von Heide Appelsmeyer u. Elfriede Billmann-Mahecha, Weilerswist 2001.
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.
Aber erkennbar ist auch, daß sich die Musikwissenschaft, die ein zentrales
Kulturphänomen vertritt, daran bisher kaum beteiligt hat. Oder wollte man
behaupten, Mozart gehöre nicht zur Kultur? Das Stichwort Kultur kommt im
Register der großen Enzyklopädie
Musik in Geschichte und Gegenwart nicht
einmal vor. Die Durchsicht der Datenbank für musikwissenschaftliche Literatur
RILM fördert zutage, daß der Begriff Cultural studies, ein zentraler Begriff
in anderen Disziplinen, sich in der Musikwissenschaft fast nur auf Popmusik,
die Gender studies und die Ethnomusik bezieht. Schließlich konnte auch die
Reinecke-Festschrift trotz ihres vielversprechenden Titels –
Musikwissenschaft als
Kulturwissenschaft18
Festschrift zum 65. Geburtstag von Hans-Peter Reinecke, hg. von Klaus-Ernst Behne,
Regenburg 1991.
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– keine neuen Konzepte liefern.
Die Musik ist von ihrer Eigenart her ein nicht-wortsprachliches Medium. Sie zieht
die Worte wohl an sich, um sie zu vertonen, aber ihr eigentliches Wesen liegt
jenseits der Worte. Sie könnte als nicht-wortsprachliche historische Quelle danach
befragt werden, ob sie eine eigenständige Aussage zur Entwicklung unserer