- 116 -Kinzler, Hartmuth (Hrsg.): Musik und Leben 
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Auch hier wird alles, was auf dem Schlachtfeld ertönt, in die Komposition eingebunden. Berühmt gewordene Schlachtmusiken späteren Datums schufen Beethoven und Tschaikowsky. Beethovens sehr erfolgreiches Werk Wellingtons Sieg oder die Schlacht bei Vittoria stammt aus dem Jahre 1813, Tschaikowskys Ouverture solennelle 1812 aus dem Jahre 1880. Im 20. Jahrhundert findet sich dieses Idiom in einigen Sinfoniesätzen Schostakowitschs. Schließlich sei noch auf die Kriegslieder hingewiesen. Es gibt sie schon als alte Volkslieder, aber vor allem im 19. Jahrhundert wurden Kriegs- und chauvinistische Vaterlandslieder in unübersehbarer Zahl neu gedichtet und komponiert.

Die Militär- und Kriegsmusik drang in breitem Maße in die Gesellschaft ein: Der Marsch wurde zur geselligen Musik für Haus und Salon. Schon Beethoven und Schubert schufen Militärmärsche zur Unterhaltung. Mozart integrierte Janitscharenmusik in seine Entführung aus dem Serail, als in Wien die Türkenmode herrschte. Ebenso imitiert sein berühmtes Alla turca den türkischen Militärmarsch. Die Liste von Kriegs- und Militärmusik im abendländischen Musikschaffen dürfte sehr lang sein. Soldatenmärsche, Schlachtenphantasien, Kriegslieder, Siegeshymnen und patriotische Kompositionen aller Art sind in unermeßlicher Fülle geschrieben worden, vor allem um die großen Kriege des 19. und der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts herum. Hier spielten merkantile und populistische Aspekte eine nicht zu unterschätzende Rolle. Krieg hat zu jeder Zeit eine Faszination auf die Menschen ausgeübt, was man vom Frieden nicht gleichermaßen sagen kann. Entsprechend konnten Kompositionen, die Kriegsthemen behandelten, auf große Absatzmärkte hoffen, die ihre Schöpfer in weiten Kreisen bekannt machten.

Legt man die spezifischen Konturen der Kriegs- und Militärmusik an die Friedensmusik an, so lassen sich gravierende Unterschiede feststellen: Natürlich gibt es keine eigenen Ensembles für Friedensmusik – grundsätzlich konnte und kann jede musikalische Besetzung Friedensmusik ausführen. Auch wurde keine spezifische Gattung für Friedensmusik geschaffen wurde, wie der Marsch in der Militärmusik und die Battaglia oder Schlachtenmusik. Analog zur Battaglia müßte eine »Pacifica« erst noch erdacht werden. Ebenso findet man im Bereich des Volkslieds fast überhaupt keine Friedenslieder. Die um 1900 entstandene und in den zwanziger Jahren aufblühende Friedensbewegung hat sich kein eigenes verbindliches Liedgut geschaffen. Es dürfte nicht übertrieben sein zu behaupten, daß hierin ein Grund ihres Scheiterns liegt. Vergleichbare Bewegungen der Zeit hatten ihr eigenes Liedgut, wie die sozialistische Arbeiterbewegung und der Nationalsozialismus. Die Wirkungsmacht der Internationale und des Horst-Wessel-Liedes wird niemand leugnen können. Ein Lied mit vergleichbarer Wirkung, das den Frieden propagiert, ist nicht bekannt.

Eine andere Facette von Musik im Zeichen politischer Gewalt ist die Musik innerhalb der Diktaturen des 20. Jahrhunderts. Die bisher angesprochene Spannung


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