- 115 -Kinzler, Hartmuth (Hrsg.): Musik und Leben 
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Stefan Hanheide, Mahlers Visionen vom Untergang – Interpretationen der Sechsten Symphonie und der Soldatenlieder, Druck in Vorbereitung.
, wie von führenden Mahler-Forschern gemutmaßt wurde. Und in einem zweiten Schritt habe ich untersucht, ob solche Vorahnungen von den Hörern der Zeit wahrgenommen worden sind. Die erste Frage wurde mit den Methoden der hermeneutischen Interpretation zu beantworten versucht, die zweite mit empirischer Rezeptionsforschung.

Im Rahmen des gestellten Themas »Musik im Zeichen politischer Gewalt« ist die Friedens- oder Antikriegsmusik, die hier bisher vorrangig thematisiert wurde, nur eine von mehreren Facetten. Lassen Sie mich nun auf andere Aspekte des Themas skizzenhaft hinweisen:

Wie der Krieg der Antipode des Friedens ist, so läßt sich auch die Kriegsmusik antagonistisch zur Friedensmusik sehen. Ein Blick auf diese Art des Komponierens legt weitere Spezifika der Friedensmusik frei. Kriegsmusik nimmt einen erheblich größeren Stellenwert als die Friedensmusik in der abendländischen Musikgeschichte ein. Sie läßt sich einteilen in Militär- und Schlachtenmusik. Militärmusik diente in früherer Zeit zu Signalgebung und Stimulanz auf dem Schlachtfeld. Im Marsch besetzt die Militärmusik eine eigene Gattung. Der ursprüngliche Zweck ist die Stiftung von Ordnung beim Marschieren. Seit dem 18. Jahrhundert marschieren Militärkapellen durch die Städte und ziehen die Aufmerksamkeit der Bevölkerung auf sich. Bis 1945 sind sie in der Gesellschaft omnipräsent. Sie sollten die Menschen positiv für den Krieg stimmen. Dazu diente der Marsch, der eine emotionale Hochstimmung evozierte und zur Gleichrichtung bewegte. Der geordnete Zug und die schönen Uniformen taten ihre Wirkung. Die Kriegsbegeisterung 1870 und 1914 ist sicher auch auf die Faszination der preußischen Militärmusik zurückzuführen. Die Anziehungskraft des Tambourmajors geriet zum literarischen Sujet, z. B. bei Georg Büchner im Woyzeck.

Der Krieg ist ja in erheblich stärkerem Maße von Klängen geprägt als der Frieden. Entsprechend bildet das Geschehen auf dem Schlachtfeld durch die Jahrhunderte ein Faszinosum für Komponisten und Hörer. So entstand die Gattung der Schlachtenmusik. Hierunter läßt sich all jene Musik fassen, in der der Krieg zur Darstellung kommt. Schon im 16. Jahrhundert findet sich Kriegsdarstellung in der mehrstimmigen Vokalmusik. Bedeutendstes Beispiel ist die Chanson La Guerre11

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Auch unter dem Titel La Bataille de Marignan bekannt.
von Clément Janequin (1528). In diesem vielleicht populärsten Vokalstück des 16. Jahrhunderts wird die für den französischen König siegreiche Schlacht bei Marignano 1515 musikalisiert. Es erscheinen Trompetenfanfaren, Militärsignale der Zeit, Säbelgeklirr, Pferdegetrappel, Schlaggeräusche und Kampfrufe in musikalischen Gewand. Im 17. und 18. Jahrhundert gewinnt die Gattung der Battaglia an Bedeutung, eine instrumentale Darstellung des Kriegsgeschehens.
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