es wünschen, und nicht so wenig,
wie es der Dienstplan und die jeweilige Lust von Orchester und
Dirigent bestimmen. Ich werde öfter gefragt: „Ist es nicht
langweilig, wenn Sie das Stück schon mehr als hundertmal
aufgeführt haben?“ Meine Antwort: Die Fragerichtung ist
falsch. Es geht nicht um mich; es geht um die Hörer. Die Kinder
und Eltern, die unsere Konzerte besuchen, hören diese Musik zum
ersten Mal. Ihre Reaktionen sind jedes Mal anders. Deshalb ist jedes
Konzert etwas Neues. Wenn man selbst dabei auf die unterschiedlichen
Hörprozesse in Konzerten achtet, dann entdeckt man nicht selten
in der Komposition von Prokofjew Interessantes, das man bisher nicht
beachtet hat. Das wäre ein zusätzlicher Gewinn für
Musiker, Dirigenten und Moderator.
Mit einer solchen Einstellung nehmen wir Abschied von der alleinigen Ausrichtung auf das Kunstwerk. Wir haben beide zugleich im Blick – die Musik und ihre Hörer. Es wäre eine dringende Aufgabe des Musikstudiums, das Verhältnis von Musikwerk, Selbstverständnis des Musikers und Lebenssituationen heutiger Hörer zu reflektieren.
Sechster Aspekt: Die Musikwissenschaft und das Musikwerk an sich
Das Studium der Musikwissenschaft ist – mit Ausnahme der Hochschullaufbahnen – nicht auf bestimmte Berufsfelder ausgerichtet. Man trifft Musikwissenschaftler als Lektoren in Verlagen und Musikhandlungen, als Orchester-Musikdramaturgen, als Operndramaturgen und als Redakteure im Feuilleton überregionaler Zeitungen. Nur selten wird während des Studiums der Erwerb der speziellen Fähigkeiten, die diese Berufsfelder erfordern, berücksichtigt. – Musikwissenschaftliche Studien sind zudem wichtige Anteile in allen Lehramtsstudiengängen Musik.
Seit der Begründung der Musikwissenschaft zum Ende des 19. Jahrhunderts ist ihr Forschungsgegenstand die Geschichte der Musik, das heißt, die Erforschung des Lebens von Komponisten, der Entstehungssituationen von Musikwerken, der Geschichte und „Entwicklung“ von Formen und Gattungen und der Rezeptionsgeschichte von Musikwerken. Es bleibt ihr großartiges Verdienst, unzählige Musikwerke entdeckt und ediert zu haben, denken wir nur an die Gesamtausgaben der Werke Bachs, Mozarts, Schuberts und vieler anderer Komponisten. Das brachte unter anderem gesicherte Arbeitsplätze. Diese Berufschancen gibt es kaum noch.
Musikwissenschaftlich gründlich ausgebildete Musikredakteure können sich nur einige überregionale Zeitungen leisten. Andere Zeitungsredaktionen beschäftigen für die Musikberichterstattung nebenamtliche Teilzeitmitarbeiter. In den meisten deutschen Zeitungen berichten Lokalredakteure über das Musikleben. Der Gehalt der Informationen deutscher Zeitungen über Musik ist entsprechend |