- 73 -Kinzler, Hartmuth (Hrsg.): Vermittelte Musik 
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Krank, alt und unglücklich, wie sie war, erschien ihr offenbar die Vergangenheit mit Robert in den letzten Lebensjahren in einem idealen Licht, und vergessen war die von ihm und seinem kompositorischen Können seinerzeit ausgehende „Einschüchterung“.16

16 Reich, a. a. O. (s. Anm. 7), S. 301.

Ihr sozusagen letzter musikalischer Wunsch nach dem Vortrag der Intermezzi und der Romanze, beides Werke aus der „Brautzeit“, kann vor diesem Hintergrund als Zeichen einer allgemeinen Rückbesinnung auf die zentrale Phase ihres Lebens betrachtet werden, in der die Weichen für den Verlauf ihres gesamten privaten und öffentlichen Daseins als Frau und Künstlerin gestellt wurden. Hat die Fis-Dur-Romanze noch eine darüber hinaus gehende, geheime Bedeutung? Kann ihr eigener Romanzenzyklus op. 11, der in der Brautzeit Gegenstand brieflicher Auseinandersetzungen war, darüber Auskunft geben?



Exkurs: Die „Romanze“ zwischen Clara Wieck und Robert Schumann


Schumanns Werk 28 entstand etwa zur gleichen Zeit wie die Romanzen op. 11 von Clara Wieck. Beides sind Zyklen von je drei Romanzen und gelten als Dokumente des Verlobungsjahres 1839. Clara Wieck verwendete die Romanze ebenso wie Schumann auch im Rahmen komplexerer musikalischer Formen, wie z. B. im Konzert op. 7. Als kleine Instrumentalformen, die sich – zumindest als Einzelstücke – weniger für ein großes Publikum als für den privaten Hausgebrauch eignen, komponierte sie ihre Romanzen op. 11 und tauschte sich mit Robert brieflich darüber aus.


Vorausgegangen war bereits 1833 die Komposition der Romance variée pour piano, die bei Hoffmeister in Leipzig erschien und die die Vierzehnjährige „Monsieur Robert Schumann“ gewidmet hatte. In einem kurzen Briefwechsel darüber taucht bei Clara Wieck der Begriff des Doppelgängers auf, dessen Bedeutung zwar im Zusammenhang mit der Komposition nicht mit Sicherheit zu ermitteln, bei der aber auch nicht ganz auszuschließen ist, daß sie auf die sich anbahnende Nähe der beiden zueinander hinweist.17

17 Janina Klassen, Clara Wieck-Schumann. Die Virtuosin als Komponistin. Studien zu ihrem Werk, Kassel usw. 1990 (= Kieler Schriften zur Musikwissenschaft, hg. von Friedhelm Krummacher u. Heinrich W. Schwab; Bd. 37), S. 32 f.

Robert Schumann greift, wie er in seinem Tagebuch im März 1833 schreibt, in seinen Impromptus op. 5 eben dieses Thema der Romance variée auf und bearbeitet es in Variationen, die ihr gewidmet sind.18
18 Wahrscheinlich stammt dieses Thema doch von Robert Schumann. Vgl. dazu Reich, a. a. O. (s. Anm. 7), S. 307–309. Die Verfasserin stellt darüber hinaus fest, daß die Komponistin in der Coda eines späteren Werkes, den Variationen über ein Thema von Robert Schumann op. 20, noch einmal an das Thema aus der Romance variée pour le piano op. 3 erinnert. Auch Johannes Brahms hat in seinen Variationen über dasselbe Thema von Robert Schumann (op. 9) an Claras Romanzenthema aus op. 3 gedacht.

Im Tagebuch erwähnt er an gleicher Stelle auch den Beginn

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