- 426 -Kinzler, Hartmuth (Hrsg.): Vermittelte Musik 
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Dagegen blieb das Areal der Stadt in seinen Ausmaßen verhältnismäßig konstant; erst 1920 wurden die zahlreichen Vororte eingemeindet. Doch die Besiedelung dieses Areals veränderte sich vehement dadurch, daß der innere Stadtkern, der durch die ehemalige Zollmauer, welche erst 1867/68 abgerissen wurde, begrenzt war, durch Regierungsgebäude, Banken, Geschäfte, Restaurationen und Hotellerie, Kultureinrichtungen belegt wurde, wogegen die Bevölkerung in die äußeren Stadtbezirke abgedrängt wurde. Dabei ziehen Ansiedlungen von Fabriken, wie sie im Norden der Stadt erfolgten, hauptsächlich wegen der Nähe zum Arbeitsplatz und den billigen Wohngelegenheiten auch die entsprechende Bevölkerung nach; der Wedding wurde zum Arbeiterviertel.


Allerdings vollzog sich der Wandel vom Wedding Fontanes zum „roten Wedding“, wie er in einem Lied von Erich Weinert und Hanns Eisler für die Agitproptruppe „Roter Wedding“ später (1929) genannt wird (Stern 1978, S. 226, 227), den vielen zu lösenden Aufgaben entsprechend während mehrerer Jahrzehnte. Die Bebauung erfolgte in etlichen Zwischenstufen, wobei auch die Erschließung des Baugrundes und mit ihr die wichtige Versorgung mit Kanalisation und Frischwasser nur nach und nach zu leisten war.


Friedrich Vogler skizziert auf der Rückseite zu einer Photographie, die ihn als „Hülfslehrer“ im Kollegium der 147. Gemeindeschule zeigt, die Situation und Geschichte des Schulgebäudes Grenzstraße 8, gegenüber einem Gebäude der Berliner Maschinenbau AG (vgl. Stadtansicht 1890):


Die 147. Gemeinde-Schule in der Grenz-Str. 8. Als ich am 22. April 1892 vom Berliner Seminar dorthin kam, war sie eine 10klassige evangelische Mädchenschule. Sie enthielt außer den 10 Klassenräumen 1 Amtszimmer für den Rektor u. ein Stübchen für den Schuldiener. Dieselben Räume, die sich 1893 zu ebener Erde befanden, waren auch unter der Schule, weil dieselbe wie alle Gebäude der Grenz- und Wiesenstraße in damaliger Zeit tief im Grunde standen, während die Straße hoch lag. Ich habe während meiner Amtszeit noch Jahre hindurch armselige Häuser z. B. Ecke Gericht- u. Grenz-Str. im Grunde liegen sehen. Die Schule wurde dann gehoben, daher scherzweise „gehobene Schule“ genannt, die unteren Mauern blieben und das Fachwerk der neuen wurde aufgesetzt. Die unteren Räume erhielten Luftschächte nach dem Hofe u. der Straße und besorgten durch ein Loch unter dem Tritt des Lehrertisches z. T. die Ventilation. Die einzelnen Räume der „gehobenen Schule“ waren durch Holzwände voneinander getrennt. In jedem Zimmer befand sich ein großer eiserner Ofen. Später wurden Asbestschirme aufgestellt, um die Hitze für Lehrer und Schülerinnen einigermaßen erträglich zu machen. Die Räume hatten vor meiner Zeit nacheinander die 73. Gem-Sch. u. eine Katholische Schule inne. Als sie dann evangelische Knabenschule wurde amtierte eine Zeit lang der berüchtigte Rektor Ahlwardt. Am 1. April 1899 wurde die 147. Gem.-Sch. nach der Köslinger Str. 1 verlegt. Die Baracke wurde abgerissen und machte einem Neubau Platz. Am 1. Oktober 1900 zogen wir von der Köslinger Str. in das neue Haus in der Grenz-Str. 8 ein. (Vgl. Anlage 7.)


Diese Angaben entsprechen weitgehend einer Dokumentation über die Schulen im Wedding in der Zeit von 1821 bis 1995. Ihr ist zu entnehmen, daß der Rektor H. Ahlwardt vom Dienst suspendiert wurde und an seine Stelle zunächst als Vertreter, später regulär Emil Lops trat, der dann auch als Rektor der Mädchenschule


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