- 41 -Kinzler, Hartmuth (Hrsg.): Vermittelte Musik 
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bis zum heutigen Tage immer noch nicht adäquat beurteilten Einflußnahme auf die gesamte Musikkultur.

Seit Mitte der 60er Jahre die Beatles damit begannen, ihre Songs mit Hilfe von vierkanaligen Bandmaschinen zu produzieren, wird im Normalfall ein Song durch das Zusammensetzen einzelner Takes und durch das Einspielen der Instrumente und Vocals nacheinander (Track-by-track) zusammengesetzt. Das Live-Spiel verliert an Bedeutung, sogar auf der Bühne werden Playbacks abgespielt, so daß das Spiel der Instrumente und der Gesang heute vielfach durch den Showtanz der Akteure abgelöst werden und optische Qualitäten der Musiker wichtiger sind als musikalische.

Seit 1970 wird der Synthesizerklang populär, analoge Synthesizer werden sowohl für die elektronische Fassung klassischer Kompositionen als auch für live-elektronische Effekte in Rockkonzerten verwendet. Sequenzer steuern vollautomatisch den Ablauf von Melodien, Baßläufen und speziellen Klang­ereignissen, Rhythmusmaschinen und Begleitautomaten ersetzen den rhythmisch-harmonischen Background ganzer Combos und erlauben die Herstellung von kompletten Titeln im musikalischen Alleingang. Die analogelektronischen Sounds, die musiktechnischen Grenzen der programmgesteuerten Apparate und die multitrack-basierten Arrangements führen zu Musikstilen, die durch kurze, repetierende Motivik und eine pseudopolyphon übereinandergeschichtete Satztechnik der einzelnen Stimmen gekennzeichnet sind, eine musikalische Konsequenz aus musiktechnischen Bedingungen, die sich im kühlen New Wave ebenso nachweisen läßt wie im ausufernden Electronic Rock oder Pop oder in den betont einfach gestrickten Titeln der Neuen Deutschen Welle.

Aber auch die musikalische Entdeckung der roboterästhetischen Vocoder-Stimmen oder rasend schnelle, manuell unspielbare Arpeggien gehören in diese Zeit der popmusikalischen Eroberung elektronischer Klangwelten, die fortan immer stärker von einer großen jugendlichen Hörerschaft mit ihrem Musikgeschmack assoziiert wurde, während die experimentell orientierte, theoretisch anspruchsvolle elektronische Musik der Frühzeit kaum noch eine Rolle im allgemeinen Kulturbewußtsein spielt, wenn man davon absieht, daß auch oder gerade die atonalen Klangwirkungen dieser Musik in den Soundtracks von Science-Fiction-Filmen oder Psychothrillern eine hintergründige und geschätzte Wirkung erzielen.



Digitale Schnittstellen der Musik


Mitte der 70er Jahre begann die allmähliche Digitalisierung der Synthesizer und der Studiogeräte. Seit 1974 wurden digitale Klaviaturen gebaut, damit Synthesizer auch polyphon gespielt werden konnten, Ab Mitte der 70er Jahre gab es die ersten digitalen Synthesizer, die nicht nur die Erzeugung von beliebigen Klangstrukturen erlaubten, sondern Klänge auch digitalisierten und speicherten. Synthesizer, elektronische Klaviere und Orgeln wurden zu unübersichtlichen und kompliziert zu handhabenden Tastenburgen um den Keyboarder herum aufgetürmt, so daß die Idee nahelag, nur eine einzige, dafür qualitativ aufwendige Tastatur zur Steuerung mehrerer Synthesizer mit ihren besonderen Sounds zu nutzen.

Dieses Ziel wurde 1981 mit der Einführung des MIDI-Steuersystems als einem internationalen Standard zum Austausch von digitalen Musikinformationen erreicht, ein musiktechnischer Sprung, der eine neue Phase im Instrumentenbau einleitete, die die Produktionsbedingungen von Popmusik im Studio und auf der Bühne völlig umkrempelte und letztlich die Computerisierung der gesamten Musiktechnik einleitete so wie die Audio-CD ab 1981 die Digitalisierung der Audiotechnik forcierte.

Preiswerte digitale Musikinstrumente und musikelektronische Geräte wurden zu Massenartikeln und eine moderne Musikproduktion mit diesem Equipment war nicht mehr nur den großen Tonstudios mit teuren Einrichtungen vorbehalten, vielmehr konnte jeder Hobbymusiker von nun an mit einem PC und einem Mehrspurkassettenrecorder komplette Musikarrangements mit vielen synthetischen Instrumenten produzieren, die nicht einmal schlechter als jene aus dem Studio klingen mußten.

Mit der Digitalisierung begann die Annäherung der modernen Instrumental- und Studiotechnik an die Computertechnik. Chips mit Prozessoren, Speicher, A/D-Wandler usw. sind Grundbestandteile in jedem digitalelektronischen Gerät oder Instrument. Sogar typische Computerperipherie wie Diskettenlaufwerke oder Displays sind integriert.

Vor allem Klänge aus dem Sound Sampler wurden gegen Ende der 80er Jahre für die aktuelle Popmusik zu einem entscheidenden Merkmal des besonderen Sounds und Musikstils. Nachdem die


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