- 395 -Kinzler, Hartmuth (Hrsg.): Vermittelte Musik 
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... Die letzte Hürde allerdings ist ein banales Kleiderproblem: Beethoven hat keinen schwarzen Frack. Schindler kurz vor der Aufführung: „Wie nehmen jetzt alles gleich mit – auch nehmen wir Ihren grünen Rock mit, den Sie im Theater zum Dirigieren anlegen können. Das Theater ist ohnehin dunkel, es sieht niemand, daß er grün ist“.


Man kann, wie geschehen, eine Komponistenpersönlichkeit von sich erzählen lassen ...


... Was mich [Erik Satie] anbelangt, so wurde ich am 17. Mai 1866 in Honfleur geboren. Nach einer ziemlich kurzen Jugend wuchs ich zu einem passablen Mann heran, mehr nicht. In dieser Phase meines Lebens begann ich in Tönen zu denken und zu schreiben. Ja. Fataler Einfall!!! ... Ausgesprochen fataler Einfall! ... Und an allem, was mir widerfahren ist, trägt die Musik schuld ...


Man kann (wenn man’s kann) einen Dialog fingieren und sich selbst (wenn man’s kann) dazu auf der Gitarre begleiten. Kai Lünnemann kann es. Er spielt den Blues und verzettelt sich dann in ein imaginäres Streitgespräch (mit obligater Sonnenbrille, ist doch klar) ...


Das ist kein Blues, Mann! Du hast überhaupt keine Ahnung, was Blues überhaupt

bedeutet!

Was soll das heißen?

Das heißt: das war Schrott! Was Du da spielst, ist eine aneinandergereihte Kette

von Schwachsinn, leblose Töne, kein Ton, keine Story, kein Blues!

Natürlich war das ein Blues. 12 Takte, ein einfaches Schema auf drei Tonstufen,

eine Kadenz in E, ein einfacher Rhythmus, langsam ...

Mann, bleib’ mir gestohlen mit Deinem Schema! Musiktheorie ... nenn es,

wie Du willst, das ist kein Blues!

Und wie sieht Deiner Meinung nach ein Blues aus?

Das würdest Du doch nie verstehen ...

Dann hättest Du damit nicht anfangen sollen, jetzt will ich’s wissen!

O. K., wenn Du’s wissen willst, müssen wir ganz von vorn anfangen. Ganz von vorn ...


Und so fängt alles ganz von vorn an: in der damaligen Zeit, in der schwarzen Welt, im Feeling des Blues. Zeitgeschichte, Blues-Ästhetik, Blues-Beispiele auf der Gitarre. Da sitzt ein junger (Nochnicht-)Lehrer und streitet sich mit sich selbst. Um ihn herum versinken seine Kommilitonen in Bewunderung. Er kann’s eben.


Manchmal fangen die Geschichten mehr oder weniger belanglos an, um sich dann mit zunehmender Spannung zu entwickeln ...


Die Geschichte der Carmina burana beginnt damit, daß Carl Orff am Gründonnerstag 1934 in einem Antiquariatsladen in Würzburg spaziert. Er stöbert ein wenig durch die Regale, sieht sich dieses und jenes Buch an und findet einen Katalog, der irgend etwas Besonderes zu haben scheint. Seine Augen bleiben an einem Bild hängen, das auf der Buchvorderseite abgebildet ist. Auf diesem ist Fortuna, die Schicksalsgöttin der Antike, zu sehen. Sie sitzt prunkvoll und erhaben in ihrem Rad und lenkt die Welt der Menschen. Carl Orff schaut ein wenig weiter nach unten und findet einen Titel, der ihn mit magischer Gewalt anzieht ...



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