- 394 -Kinzler, Hartmuth (Hrsg.): Vermittelte Musik 
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Schüler) nicht so genau weiß, was Musik zu bedeuten hat, dann hilft es vielleicht, einen Zipfel ihrer biographischen Bedeutung zu fassen zu kriegen. Das Nebensächliche könnte dann der Weg sein, der auf die Hauptstraße führt.


So trifft Clara beispielsweise während ihres ersten Aufenthaltes in Paris in ihrem Künstlerzimmer auf eine Zusammenkunft von drei führenden Komponisten und Interpreten ihrer Zeit: Ferdinand Hiller, Felix Mendelssohn Bartholdy und Frédéric Chopin. Sozusagen ein Gipfeltreffen. Und was machen die jungen Herren? Sie amüsieren sich im Bockspringen. Stelle man sich das vor: Felix Mendelssohn macht, mit einem kurzen Anlauf, einen ‚Bocksprung‘ über Chopin, der vorgebeugt steht, die Hände wahrscheinlich in Kniehöhe abgestützt, und Chopin macht, mit kurzem Anlauf, einen ‚Bocksprung‘ über Mendelssohn, der vorgebeugt steht, die Hände wahrscheinlich in Kniehöhe abgestützt ...


Die rätselhafte, mysteriöse Entstehungsgeschichte von Mozarts Requiem – Stoff für eine spannende Erzählung. Der Dauerstreit zwischen den beiden Erzrivalen Johann Strauß Vater und Johann Strauß Sohn – Stoff für Klatsch und Tratsch und für eine turbulente Unterhaltungsmusik-Szene. In seiner erfundenen Begegnung stolpert Christoph Berner nach einem Ars Viva-Konzert beim Bier über den Dirigenten und läßt sich mit ihm auf einen Streit über atonale Musik ein. Atemlos hören die Studierenden zu: nicht sie werden aufgerufen, ihr Urteil über Schönberg & Co. abzugeben, sondern sie verfolgen die kontroverse Diskussion auf einem Ersatzschauplatz; da kann man sich raushalten, indem man, ohne es zu merken, reingehalten wird. Felix Berndt kommt in Bayreuth an, besichtigt das Festspielhaus und verwickelt sich gedanklich in Wagners Idee vom Gesamtkunstwerk, ausgehend von der Architektur des Hauses ...


... Als ich es betrete, fällt mir (wie schon außen) die innere Schmucklosigkeit auf. Alles ist aus Holz – der Fußboden, die Decke, sogar die Sitze. Nirgendwo ein in Opernhäusern üblicher Plüschsitz. Das Parkett hat die Form eines stark ansteigenden Amphitheaters, und die Holzdecke erinnert mich auch irgendwie an ein Sonnensegel, welches den alten Römern in ihren Theatern Schatten spendete. Mit Hilfe des Platzanweisers habe ich nun endlich meinen Platz gefunden, und ich sitze voller Erwartung, aber auch mit ein bißchen Skepsis, im Publikum. Den Kaiser habe ich auch schon entdeckt. Dort hinten, in der Loge, ich glaube, das ist Franz Liszt. Sicher bin ich mir zwar nicht, aber sie sollen befreundet sein, sagt man [...]. Während ist darüber nachdenke, geht plötzlich das Licht aus. Es wird stockfinster im Saal. Recht ungewöhnlich für eine Opernpremiere. Es erklingen die ersten Töne der Ouvertüre, die übrigens, wie ich dem Programmheft entnehme, nicht mehr Ouvertüre heißt, sondern merkwüdigerweise „Orchestervorspiel“ [...]. A propos Orchester. Wo zum Kuckuck ist eigentlich das Orchester? ...


So kann man sich wohin auch immer beamen. In diesem Fall in die Uraufführung des Rings, im anderen Fall in die Jugendjahre von Claude Debussy (Evelyn Kramer), in eine wundervoll farbig und anschaulich nacherzähltes Belle-époque-Szenario. Oder in jenen Abend des 7. Mai 1824, wo es zur denkwürdigen Uraufführung von Beethovens 9. Symphonie kommen soll, dem aber zunächst einmal mancherlei Schwierigkeiten, Eitelkeiten, Lächerlichkeiten entgegenstehen. Erzählt wird die Geschichte eines Uraufführungs-Hindernislaufs mit allerhand Störfällen, die man kaum glauben möchte ...


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