- 391 -Kinzler, Hartmuth (Hrsg.): Vermittelte Musik 
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Weltkomponist und Sowjetkomponist“. Ausgangspunkt ist das gemeinsame Todesdatum von Prokofjew und Stalin im März 1953. Erzählt werden persönliche Merkmale, Vorlieben, Kompositions-Ideen, ästhetische Ansichten. Erzählt werden auch die bedrückenden politischen Kontexte, in denen zu leben und zu arbeiten die russischen Komponisten gezwungen sind. Andrea geht ausführlich auf den 7. Januar 1948 ein, auf jenen unseligen „Meinungsaustausch“, zu dem Schdanow eingeladen hatte. Schdanow hält seine berühmte Maulkorbrede ...


... Der Cellist Rostropowitsch erinnert sich: „Als Schdanow im ZK seine ätzende Rede gegen die Komponisten hielt, befand sich P. im Saal. Es entstand Grabesstille, aber er plauderte mit seinem Nachbarn. Zwei Stühle weiter wandte sich ein Parteibüromitglied an ihn: ‚Hören Sie zu! Das geht Sie an‘. –‚Wer ist das?‘, fragte P. – ‚Mein Name tut nichts zur Sache. Aber Sie sollten wissen, daß Sie sich danach zu richten haben, wenn ich Ihnen einen Verweis erteile‘ – ‚Ich achte niemals auf Bemerkungen von Leuten, die mir nicht vorgestellt sind‘, entgegnete P. mit empörtem Gesicht.“


Wie entsteht eine Märchenoper? Tabea Leibbrandt erzählt die gewundene, umständliche und von vielen Skrupeln durchsetzte Genese von Humperdincks Hänsel und Gretel; sie erzählt sie von Kästners Doppeltem Lottchen herkommend und streift manchen Stolperstein, der auf dem kompositorischen Wege liegt, nicht zuletzt die Verknüpfung der Fertigstellung mit Humperdincks eigenem Hochzeitstermin – da muß die Braut eben warten. Gar nicht zu reden von Humperdincks Verpflichtungen während der ersten Tannhäuser-Aufführung in Bayreuth.


... Er macht sich als wieder an die Arbeit. Diesmal, um Fehlendes zu ergänzen. Mängel im Text und kritische Urteile anderer machen ihm das Vorankommen nicht leicht, so daß er mit der Arbeit nicht so schnell fertig wird, wie er es sich wünscht: „Hm, die Leute vermissen die volkstümlichen Momente in meiner Bearbeitung. Sie wollen das Pfadfinden Hänsels, die Kieselsteingeschichte unbedingt dabei haben sowie andere bekannte und beliebte Züge des Märchens, die ich gerne umschreiben wollte ... Und das, was der Realität entspricht, nämlich daß eine Szene hindurch von Hungerleiden und Armut geredet wird, das wollen sie natürlich nicht sehen“ ...


Ein Werk entsteht. In mancherlei Anläufen gegen mancherlei Widerstände und unter mancherlei Bedenken. Erzählt wird der kompositorische Prozeß, nicht das komponierte Produkt. Erzählt wird, daß künstlerische Arbeit einen harten und steinigen und verschlungenen Weg gehen kann. Seltsam genug bei einer Oper mit ungebrochenem Erfolg. Auf diesen Weg nimmt die Erzählerin ihre Zuhörer mit, ihre Zuhörer, die sie beim Doppelten Lottchen abgeholt hat. Schlau.


Jemand sitzt im Zug von irgendwo nach Köln, trifft vier ausgeflippte Typen, Seesack auf dem Rücken, Rucksack auf dem Bauch ...


... Wollen die umziehen? Und aussehen tun die wie direkt aus der Altkleidersammlung [...]. Kopfschüttelnd wollt Ihr weitergehen, aber ICH werde das nicht gestatten. Ich zwinge Euch, den Leuten zu folgen ...


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