Entwicklung der Minimal
music und ihren gesellschaftlichen Auswirkungen gerade bei der Suche
nach Neuanfängen im Singen und Hinführungen zum Singen eine
besondere Bedeutung zu, nämlich gezeigt zu haben, daß wir
im Minimalen das Ganze finden können. So ist es vor dem
Hintergrund dieser Klangerfahrungen tatsächlich leicht möglich,
im Singen ungeübte Personen mit kleinsten, aber effektiven
musikalischen Formen durch Singen zu begeistern, weil sie so relativ
leicht und spielerisch etwas produzieren können, das für
sie selbst musikalisch interessant ist, ihre Aufmerksamkeit
konzentrieren kann und ihnen Freude zu machen beginnt.
Stimmimprovisationen, die in manchen Chören heute als
„Aufwärmübungen“ geschätzt werden, können
aus der Perspektive der Minimal music bis ins Wesentliche der Musik
und des Singens im Sinne Yehudi Menuhins führen. (Vgl. Hamel
1986 u. Reimann 1998.)
Was die besonders auch pädagogisch relevante Einzigartigkeit des Singens als Kommunikationsgabe des Menschen, mit der er zugleich mit sich selbst und anderen in Beziehung treten kann, eigentlich bedeutet, ist in der Menschheitsgeschichte noch nicht in Ansätzen ausgelotet bzw. geborgen. Diese einzigartigen Möglichkeiten gilt es zu erforschen und zu erschließen. Sie gründen auf der Besonderheit, daß wir beim gemeinsamen Singen als Individuum erklingen und uns erleben, zugleich aber auch dabei mit vielen anderen Menschen im Klang verschmelzen und eine Einheit, eine neue Ganzheit bilden können. Mir ist keine Kommunikationsform bekannt, die diese Möglichkeit derart differenziert eröffnet. Und wir haben für diesen besonderen Prozeß die Ohren als ein Sinnesorgan, mit dem wir zugleich sowohl die Qualitäten dieses Vereinigungsprozesses als Ganzes als auch in seinen einzelnen Stimmen wahrnehmen können.
Die Initiative „Il canto del mondo“
Es ist nicht mein Ziel in diesem Beitrag, eine Didaktik des Singens auszubreiten. Vielmehr glaube ich, daß es zum gegebenen Zeitpunkt zuallererst wichtig ist, möglichst vielen damit Betrauten die Bedeutung des Singens für den Menschen ins Bewußtsein zu heben, um dann gemeinsam danach zu fragen, wie wir denn von den unterschiedlichen Plätzen aus wieder eine neue Alltagskultur des Singens erbauen könnten. Wo wir beginnen können, wie wir die gemachten Erfahrungen vernetzen, all das ist das Anliegen der „Förder- und Aktionsgemeinschaft Il canto del mondo e.V.“. Diese Organisation tritt an, alle am Singen Interessierten und speziell auch Multiplikatoren aus dem Bereich der Kunst, der Politik, der Pädagogik und der Medien zu begeistern, sich an diesem Projekt auf welche Weise auch immer kreativ zu beteiligen. „Il canto del mondo“ baut langfristig ein weltweites Netzwerk auf, um mit den verschiedenen Möglichkeiten in den Wissenschaften, in den Künsten und in der Gesellschaft das befriedende Potential des Singens, besonders auch in seinem Wesen als Universalsprache, |