- 341 -Kinzler, Hartmuth (Hrsg.): Vermittelte Musik 
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wie sie sich auch im Singen äußern kann, aus den damaligen Umgangsformen verbannt.


Gleichzeitig führte die technische Weiterentwicklung der Medien zu einer ständigen allgemeinen Verfügbarkeit von Musik. „Viele Menschen sind in bezug auf das Singen weitgehend verstummt, zugedeckt von Musik aus den Medien oder auch angesichts eines Perfektionismus, der für den Durchschnittsbürger unerreichbar ist.“ (Vgl. Auerbach 1999.) In diesem Zusammenhang erinnere ich mich an eine Werbung des Media-Marktes, die für sich spricht: Man sieht auf dem Bild einen pubertierenden Jungen, der ein tragbares Cassettenrecordergerät cool im Arm hält, und in der Sprechblase liest man sein Worte „Endlich Schluß mit selber singen“.


Zusammenfassend habe ich den Eindruck, daß vor allem das gespaltene Verhältnis zur Emotionalität in unserer Gesellschaft das Singen als Alltagskommunikationsform verkümmern ließ und daß sich erst vor diesem Hintergrund die Medienentwicklung derart negativ auf die Alltagskultur des Singens ausgewirkt zu haben scheint.

An dieser Stelle möchte ich betonen, daß ich mir unter anderen Bedingungen und bei entsprechender Bewußtheit der Verantwortlichen durchaus positive Auswirkungen der Massenmedien auf die Entwicklung einer Alltagskultur des Singens vorstellen kann, und ich wünsche mir dies natürlich auch für die Zukunft.



Erneuerungsimpulse der Nachkriegszeit


So hinderten traumatische Mißbrauchserfahrungen einerseits und die rasante Medienentwicklung anderseits die Musikpädagoginnen und Musikpädagogen seit Mitte der sechziger Jahre mehrheitlich daran, dem Singen im Musikunterricht eine angemessene Bedeutung beizumessen. Eine stetige Erneuerung des Singens als Alltagskultur gemäß den Anforderungen der Gegenwart blieb deshalb weitgehend aus.

Die Geschichte ist auch hier noch zu bewältigen. Natürlich gab es immer auch Gegenbewegungen zu dieser beschriebenen Hauptströmung, in denen man sich für eine neue Kultur des Singens engagierte. Sie waren zumeist eng mit sozialen Bewegungen verknüpft. Die Impulse, die besonders in den 60er Jahren von der Burg Waldeck und gesellschaftspolitisch engagierten Personen wie Hein und Oss Kröher aus dem Umfeld des „Wandervogel“ ausgingen, wirkten sich zwar nicht direkt auf die ganze Gesellschaft aus, aber es gingen aus dieser kulturellen Initiative und dem Umfeld der Ostermarschbewegung immerhin Liedermacher wie Klaus Hoffmann, Reinhard Mey, Hannes Wader und viele andere hervor,


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