- 322 -Kinzler, Hartmuth (Hrsg.): Vermittelte Musik 
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Die Liederbuchherausgeber verfuhren auch in anderen Fällen ganz unterschiedlich. In den Bänden Singkamerad, Lieder der Arbeitsmaiden und Nimmer zurück! Vorwärts den Blick!82

82 S. Anm. 2, 51 u. 68.

finden wir die brutale Fassung mit „Juda den Tod!“, in Frisch gesungen im neuen Deutschland, im Liederbuch für Volksschulen Sachsen und in Lied über Deutschland steht die „mildere“ Version: „Ende die Not!“ (oder „Ende der Not!“).83
83 S. Anm. 50. Liederbuch für Volksschulen Sachsen, Teil 2, Leipzig: Merseburger 1942; s. Anm. 77.


Während die Erstgenannten auch die „harte“ 2. Strophe bringen, lassen die Letzteren diese aus bzw. „entjuden“ sie, so in Frisch gesungen! („Viele Jahre zogen ins Land, geknechtet das Volk und belogen. Das Blut unsrer Brüder färbte den Sand, um heilige Rechte betrogen.“).


Schon Alexander v. Bormann stellt fest, der Text Volk ans Gewehr arbeite „intensiv mit sozialistischen Anklängen“: „ein Zeichen zur Freiheit, zur Sonne“, „geknechtet das Volk und betrogen“, „wach auf und reihe dich ein“, „frei soll die Arbeit und frei wolln wir sein“.84

84 Bormann 1976, S. 270.


Solche Formulierungen wurden schlicht umgemünzt, auf einen nationalen Sozialismus bezogen. Dieses Lied war eines der meist gesungenen und weit verbreitet. Unter anderem ist es im Liederbuch Uns geht die Sonne nicht unter aufgeführt, das 1940 bereits eine Auflage von 2,5 Millionen hatte.85

85 S. Anm. 60.


Auch in Schulen war es oft zu finden. Im Konferenzprotokoll vom 10. 11. 1942 der Horst-Wessel-Schule in Kassel ist vermerkt: „Lieder, die unbedingt im Unterricht zu behandeln sind: 1. ‚Siehst Du im Osten das Morgenrot‘“ (und weitere).86

86 Zit. nach Platner 1983, S. 202.

Die Melodik ist gekennzeichnet durch trotzig-markig wirkende Punktierungen, Moll-Prägung und die appellative Schlußwendung. Wegen des besonders großen Tonumfangs war es nicht leicht zu realisieren, deshalb erhielt das Lied, vor allem bei den vielen Massenveranstaltungen, möglichst eine deftige, Klangfundament spendende Bläserbegleitung. „Was durch die Stimmen Jugendlicher allein nicht zur Geltung kommen konnte, verstärkte man durch instrumentale Masse. Auf diese Weise konnte plakativer Textinhalt von schmetternder Begleitmusik eingehämmert werden“, erinnert sich Wendelin Müller-Blattau.87
87 Müller-Blattau 1999, S. 214.


Eine bezeichnende Ausdeutung nahm bereits 1936 der aus der musikalischen Jugendbewegung stammende Ekkehart Pfannenstiel vor, Professor in der


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