- 307 -Kinzler, Hartmuth (Hrsg.): Vermittelte Musik 
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Im Vorwort zum Bremer Liederbuch von 1934 heißt es: Nicht länger läßt sich das deutsche Volk „von volks- und artfremden Eindringlingen seine Geistesgüter herabsetzen und entstellen“.43

43 Bremer Liederbuch, Mittelstufe, hg. von Oskar Zweibarth, Bremen: Geist Verlag 1934.

So begegnet man auch im pädagogischen Bereich auf Schritt und Tritt der NS-Indoktrination.


Allerdings gibt es einige Liederbücher, die frei sind von antisemitischen Texten. Für den Schulbereich seien das Braunschweiger Liederbuch von 1937 und das Liederbuch für Volksschulen, Weser-Ems genannt.44

44 Braunschweiger Liederbuch, Bd. I, 3. Aufl., Wolfenbüttel u. Berlin: Kallmeyer 1937.

Beide Schulwerke enthalten auffällig wenige NS-Lieder, was darauf schließen läßt, daß die Herausgeber wahrlich keine großen NS-Propagandisten waren und sich mit einem unausweichlichen Minimum an Anpassung begnügten.


Bemerkenswert ist auch, daß in Soldatenliederbüchern Antisemitismus kaum eine Rolle spielte. Vermutlich hat das seinen Grund darin, daß Soldaten nur eingestimmt werden sollten auf ihren Kampf gegen den äußeren Feind, nicht aber auch noch gegen den zivilen „inneren“. So findet Rassismus in den drei Heften des Liederbuchs der Kriegsmarine von 1940 ebensowenig statt wie in den drei Bändchen des Neuen Soldaten-Liederbuchs, das ansonsten in den 188 Liedern allerlei schnoddrig-rüde „Kampfansagen“ enthält. So sind allein im zweiten Band diese Textstellen bezeichnend: „Einst wird der Erdball erbeben, erzittern das Menschengeschlecht...“ (S. 25), „Wen’s nach blauen Bohnen lüstet, den erwartet deutsches Blei“ (S. 28), „Kanonenkugeln sausen durch die Lüfte, die Bajonette sind schon aufgesteckt“ (S. 29), „Kavallerie auf beiden Flügeln, festgewurzelt in den Bügeln, sprengen nun zum Einhau’n vor“ (S. 28), „...und gar mancher beißt ins Gras“ (S. 33).45

45 Liederbuch der Kriegsmarine, hg. vom Oberkommando der Kriegsmarine, 3 Hefte, Köln: Tonger 1940; Das neue Soldaten-Liederbuch, 3 Bände, hg. von Fr. J. Breuer, Mainz: Schott o.J.


Richard Klopffleisch untersuchte zwei der zentralen Liederbücher der HJ: die Liederblätter der Hitlerjugend und Junge Gefolgschaft.46

46 Klopffleisch 1997.

Er stellt die Bedeutung von Symbolen wie Fahne, Sturm, Flamme und Licht heraus.47
47 S. Anm. 46, S. 203 ff. Ergänzung: Das Bremer Liederbuch (s. Anm. 38) enthält nicht weniger als 39 auf die Fahne bezogene Lieder.

„Das Thema Rassismus enthalten... nur 3% bis 5% aller Lieder.“48
48 Klopffleisch 1997, S. 208.

Daß rein quantitativ gesehen der antisemitische Anteil gering war, ist auch anhand anderer Liederbücher zu belegen, doch darf das nicht zu der Annahme verleiten, daß davon auch die Bedeutung und Wirkungsmöglichkeit abhing. Klopffleisch widmet dem Problem „Antisemitismus“ leider nur wenig Raum und wird ihm dadurch nicht gerecht. Seine Vermutung, der NS-Rassismus sei damals „in der Bevölkerung...

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