- 308 -Kinzler, Hartmuth (Hrsg.): Vermittelte Musik 
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nicht so ganz ernst genommen“ worden, stellt doch eine arge Verharmlosung dar.


Eine Feststellung von Broderick/Klein (1999) muß bestritten werden: „Antisemitische Hetzparolen, die in frühen SA-Kampfliedern zu finden sind, verschwinden allmählich aus den Texten und werden mit Absicht ersetzt, um potentielle Wähler nicht abzuschrecken.“ „... Nach der Machtübernahme Hitlers am 30. Januar 1933 versuchten sich die Nationalsozialisten ein besseres Image zu verschaffen. Die ‚Kampfzeit‘ wurde beendet und die SA-Kampflieder wurden durch Feier- und Bekenntnislieder ersetzt, insbesondere im Jungvolk, in der HJ, bei den Jungmädels, im BDM und im Schulunterricht.“ Dieser letzte Satz von Broderick/Klein könnte den Eindruck erwecken, als spielten die Lieder der „Kampfzeit“ nach 1933 keine Rolle mehr: „Die Entmachtung der SA im Juni 1934 trug vollends dazu bei, daß die meisten frühen SA-Kampflieder in Vergessenheit gerieten.“49

49 Broderick/Klein 1999, S. 85 f.


Dazu ist zu sagen, daß die brutalsten Kampflieder, auch antisemitischer Art, tatsächlich vor 1933 entstanden sind. Aber auch später wurden z. B. rassistische Liedtexte geschaffen, wenngleich diese meist „milder“, „verdeckter“ formuliert waren. Genannt sei aus dem Bremer Liederbuch von 1937 das Baumannsche „Horch auf, Kamerad“, in dem es heißt: „... Kamerad, so wollen wir marschieren, dann macht uns kein Teufel zuschanden.“ Mit dem Teufel ist natürlich, wie auch sonst, der Jude gemeint. In den Liederbüchern fehlen auch nach 1933 nur selten die alten Kampfgesänge. Im Gegenteil, sie werden manchmal sogar in verstärktem Maße aufgenommen. Im Ergänzungsband zum Standard-Liederbuch Frisch gesungen! von 1939 (8. Auflage!) erschien eine ganze Serie alter Kampflieder (so z. B. Volk ans Gewehr, Brüder in Zechen und Gruben, Wenn Hitlers Leibstandarte; im Lied der Hitlerjugend ist die Rede vom „Weltfeind, den wir hassen“)50

50 Frisch gesungen im neuen Deutschland, hg. von Hans Heinrichs u. a., 8. Aufl., Hannover: Meyer 1939.

. Selbst in Liederbüchern für die Mädelscharen und Arbeitsmaiden findet sich das Judenhaß provozierende Volk ans Gewehr.51
51 Wir Mädel singen. Liederbuch des Bundes Deutscher Mädel, hg. von der Reichsjugendführung, Wolfenbüttel u. Berlin: Kallmeyer 531.–560. Tausend 1939, S. 181; Lieder der Arbeitsmaiden, hg. von der Reichsleitung des Reichsarbeitsdienstes, 2. Aufl., Potsdam: Voggenreiter 1939, S. 37.

(Über das besonders rassistisch ausgerichtete Schulliederbuch „Nimmer zurück! Vorwärts den Blick!“ wird später noch zu berichten sein.)


Im Singkamerad – Schulliederbuch der deutschen Jugend von 1935 erschienen mehr als 20 Lieder aus der Kampfzeit vor 1933.52

52 S. Anm. 2.

„Das vom Nationalsozialistischen Lehrerbund herausgegebene Liederbuch ‚Singkamerad‘ fand infolge der massiven Förderung durch den bayerischen Kultusminister H. Schemm schnell

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