- 300 -Kinzler, Hartmuth (Hrsg.): Vermittelte Musik 
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In der täglichen Stunde der soldatisch-rassischen Erziehung sollen die ursprünglich leiblichen und seelischen Kräfte lebendig werden, hier geht es um die Weckung der rassischen Anlagen, um Zucht und Formung des Leibes und der Seele.21

21 Kade 1937, S. 13; s. auch Kap. Rassismus in Schulbüchern, in: Platner 1983, S. 246 ff.


Inwieweit solche und ähnliche Schriften im Schulalltag eine Rolle gespielt haben, läßt sich natürlich nicht überprüfen. Doch gibt es inzwischen viele Einzelbelege, die eine erhebliche Bedeutung vermuten lassen. So wurden der Celler Oberrealschule nicht weniger als sieben rassenpolitische Bücher für die Schülerbücherei zur Verfügung gestellt. An derselben Schule führte ein Biologielehrer bereits 1934 bei seinen Schülern einen Test durch, der zum Ergebnis hatte, man könne „von einem starken Überwiegen des nordischen Bestandteils unter unseren Schülern“ sprechen.22

22 Lietz 1998, S. 75.


Die Schülerin Gerda Freise (Jahrgang 1919) von der Auguste-Viktoria-Schule in Düsseldorf berichtet 1988, der Biologieunterricht sei damals „beklemmend und beschämend“ gewesen, soweit es sich um Rassen- und Vererbungslehre gehandelt habe. Die einzige jüdische Mitschülerin sei dann hinausgeschickt worden.23

23 Freise 1988, S. 27 f.


Ein anderes Beispiel: Helene Hedde (Jahrgang 1895) war 1935–37 Studienrätin an der Helene-Lange-Oberrealschule in Hamburg. 1985 erinnert sie sich an einen Vorfall aus dem Schulalltag:


Eines Tages erfuhr ich, daß meine Mädchenklasse zum Singen im Rundfunk ausersehen war. Da waren die jüdischen Schülerinnen auch noch bei uns. Wir konnten wirklich schön singen, einige hatten auch so bezaubernde helle Kinderstimmen. Nun, wir also hin zum Funkhaus am Rothenbaum, wo heute auch der NDR ist, und da stehen wir schön aufgebaut im Studio, und es soll losgehen, und da sagt plötzlich der Aufnahmeleiter: „Sind hier jüdische Schülerinnen dabei?“ „Ja“, sage ich, „die drei hier.“ – Da sagt er doch: „Ja, die sollen mal raustreten, die haben hier nicht mitzusingen!“ Ach, das wurde immer schlimmer...24

24 van Dick 1988, S. 90.


In Lehberger / de Lorents Die Fahne hoch befassen sich allein acht Beiträge mit der Problematik jüdischer Schulen, jüdischer Schüler- und Lehrerschicksale, auf 53 Buchseiten.25

25 Lehberger / de Lorent 1986.


Kurze Schlaglichter seien noch auf den Deutsch- und insbesondere auf den Musikunterricht geworfen.

Der NS-Literat und später einflußreiche Präsident der Reichsschrifttumskammer, Hans Friedrich Blunck, meinte 1933,



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