In
der täglichen Stunde der soldatisch-rassischen Erziehung sollen
die ursprünglich leiblichen und seelischen Kräfte lebendig
werden, hier geht es um die Weckung der rassischen Anlagen, um Zucht
und Formung des Leibes und der Seele.21
Inwieweit solche und ähnliche Schriften im Schulalltag eine Rolle gespielt haben, läßt sich natürlich nicht überprüfen. Doch gibt es inzwischen viele Einzelbelege, die eine erhebliche Bedeutung vermuten lassen. So wurden der Celler Oberrealschule nicht weniger als sieben rassenpolitische Bücher für die Schülerbücherei zur Verfügung gestellt. An derselben Schule führte ein Biologielehrer bereits 1934 bei seinen Schülern einen Test durch, der zum Ergebnis hatte, man könne „von einem starken Überwiegen des nordischen Bestandteils unter unseren Schülern“ sprechen.22
Die Schülerin Gerda Freise (Jahrgang 1919) von der Auguste-Viktoria-Schule in Düsseldorf berichtet 1988, der Biologieunterricht sei damals „beklemmend und beschämend“ gewesen, soweit es sich um Rassen- und Vererbungslehre gehandelt habe. Die einzige jüdische Mitschülerin sei dann hinausgeschickt worden.23
Ein anderes Beispiel: Helene Hedde (Jahrgang 1895) war 1935–37 Studienrätin an der Helene-Lange-Oberrealschule in Hamburg. 1985 erinnert sie sich an einen Vorfall aus dem Schulalltag:
Eines
Tages erfuhr ich, daß meine Mädchenklasse zum Singen im
Rundfunk ausersehen war. Da waren die jüdischen Schülerinnen
auch noch bei uns. Wir konnten wirklich schön singen, einige
hatten auch so bezaubernde helle Kinderstimmen. Nun, wir also hin zum
Funkhaus am Rothenbaum, wo heute auch der NDR ist, und da stehen wir
schön aufgebaut im Studio, und es soll losgehen, und da sagt
plötzlich der Aufnahmeleiter: „Sind hier jüdische
Schülerinnen dabei?“ „Ja“, sage ich, „die
drei hier.“ – Da sagt er doch: „Ja, die sollen mal
raustreten, die haben hier nicht mitzusingen!“ Ach, das wurde
immer schlimmer...24
In Lehberger / de Lorents Die Fahne hoch befassen sich allein acht Beiträge mit der Problematik jüdischer Schulen, jüdischer Schüler- und Lehrerschicksale, auf 53 Buchseiten.25
Kurze Schlaglichter seien noch auf den Deutsch- und insbesondere auf den Musikunterricht geworfen. Der NS-Literat und später einflußreiche Präsident der Reichsschrifttumskammer, Hans Friedrich Blunck, meinte 1933,
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