- 287 -Kinzler, Hartmuth (Hrsg.): Vermittelte Musik 
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gebracht. So machen’s die Komponisten! Und was kommt dabei heraus? Mozarts Antwort lautet, wie es scheint: Organisierter Leerlauf. Auch der Untertitel gilt: Hier ist eine satirische und ironische Schule der Komposition und der Komponisten entwickelt.


Anders wertet Floros das Element der Ironie, indem er ausführt:12

12 Constantin Floros, Mozart-Studien I – Zu Mozarts Sinfonik, Opern- und Kirchenmusik, Wiesbaden 1979, S. 98.


So gesehen, erhält auch die vielgerühmte Ironie in Così fan tutte eine tiefere Bedeutung. Gegenstand der Ironie ist in diesem Werk nicht der Wankelmut der Frauen, sondern die Natur des Menschen. Denn sie verleitet ihn zu Verhaltensweisen, die sich mit den von der Gesellschaft aufgestellten Normen ethischen Verhaltens nicht immer vereinbaren lassen.


Auf die Möglichkeiten der Instrumentalmusik begrenzt, zeichnet Mozart demnach in der Ouvertüre buffoneske Tendenzen auf, deren Wirkungsweise den vokal-instrumentalen Einheiten der Oper nicht nachsteht. Welche Mittel benutzt er dazu?


Die Ouvertüre beginnt mit einer Langsamen Einleitung (Takt 1–14), jener von Haydn entwickelten formalen Einheit, die Mozart erstmalig in der Linzer Sinfonie KV 425 (1783) verwendet.13

13 Vgl. Floros, a. a. O. (s. Anm. 12), S. 12.

Demzufolge kann der Hörer auf einen Sonatenhauptsatz schließen. Diese Erwartung wird auch zunächst bestätigt, folgt doch auf das Andante ab Takt 15 ein Presto, d. h. der Hauptsatz bzw. der Beginn der Exposition.


Die Mechanismen dieser Einleitung sind mehrfach erörtert worden, so z. B. die Placierung einer viertaktigen Motivik auf der I., dann auf der V. Stufe. Dabei handelt es sich um eine Formulierung, die auch sonst bei Mozart häufig begegnet (vgl. das 1. Thema zu Beginn des 1. Satzes der Sinfonie C KV 551, der sog. Jupiter-Sinfonie, 1788). Sicher ist es zu vorschnell, diese Formulierung ebenso wie die folgende Kadenz als ironische Attitüde abzuqualifizieren.14

14 Vgl. Kunze, a. a. O. (s. Anm. 10), S. 458–459: „Bereits die Andante-Einleitung mit den beiden Forte-Takten, in der Tonika der erste, dann vier Takte später auf der V. Stufe, deren Gewichtigkeit sofort durch eine tändelnde Bläser-Antwort (jeweils drei Takte) zurückgenommen wird, ist so stereotyp gebaut wie nur möglich. Obwohl der Satz noch gar nicht wirklich in Bewegung gebracht wurde, erscheint unmittelbar anschließend eine erst recht formelhafte Kadenz (I-VI-IV-V-VI bzw. I), die ‚Bettelkadenz‘... Nichts hätte in der Tat den Spruch treffender repräsentieren können als eben diese Kadenz. So machten’s wirklich alle bis zum Überdruß.“


Das verblüffende formale Kriterium ist die Aufnahme der Takte 8–14 am Schluß der Ouvertüre, und zwar in deren Grundtempo, im Presto (Takt 228–240). Durch die augmentierte Notierung wird die ursprünglich der Langsamen Einleitung zugeordnete Einheit am Schluß des Werkes einem sehr schnellen Tempo zugewiesen. Das bemerkt jedoch nur der Leser. Für den Hörer erscheint die Thematik der Langsamen Einleitung am Schluß erneut im ursprünglichen Tempo, indem die Notenwerte auf die doppelte Länge erweitert werden (aus 6,5


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