- 239 -Kinzler, Hartmuth (Hrsg.): Vermittelte Musik 
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Notenbeispiel 1: Wagner, Tristan und Isolde, zwei hypothetische Varianten der Anfangstakte


Analoges gilt auch für den zweiten Akkord, den Nachfolgeklang. Auch für ihn gibt es „normalsprachliche“ Erwartungen. Der Septakkord, bestehend aus vermindertem Dreiklang und kleiner Septe (die enharmonische Schreibung bleibe hier wieder einmal unbeachtet) kennt üblicherweise die Fortsetzung, daß entweder nur seine Sept stufenweise abwärtsgeführt wird (Notenbeispiel 2a) oder aber sowohl die Sept als auch die verminderte Quinte so gehandhabt werden (Notenbeispiel 2b und 2c). Im einen Fall erhält man die erste Umkehrung eines verminderten Septakkordes – in Söhners Terminologie hieße dieser doppelt-verminderter Septakkord –, im anderen eine normale Dominantseptakkordumkehrung – einen Terzquartakkord – bzw. einen unvollständigen Dominantseptakkord in Grundstellung. Bezogen auf die „normale“ Position des vermindert-kleinen Akkordes innerhalb der Moll-Tonleiter, nämlich als II. Stufe, sähe dies beispielsweise in C-Moll so aus: der Klang d-f-as-c wird entweder weitergeführt in den Klang d-f-as-h bzw. in d-f-g-h. In letzterem Fall haben wir also bei der Akkordverbindung zum einen zwei unveränderte Tonhöhen – d und f – und zum anderen zwei parallel veränderte Töne – c und as –, die ein Terzintervall bilden, das beibehalten und nach h und g geführt wird. (Beim Quintschritt im Baß – Beispiel 2c – bleibt natürlich nur 1 Ton liegen). Keine dieser beiden Fortführungen findet sich bei Wagner beim Übergang vom zweiten zum dritten Takt. Statt dessen werden zwar auch zwei Töne „liegengelassen“, aber die beiden parallelgeführten Töne schließen nunmehr eine Sept (bzw. übermäßige Sext) ein. (Im Zusammenhang mit Debussy sind wir bereits darauf gestoßen; vgl. Notenbeispiel 2d bis 2f. Beispiel 2g verdeutlicht den Zusammenhang zwischen den beiden Akkorden von Beispiel 2f und der endgültigen Gestalt im Vorspiel.)


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