- 206 -Kinzler, Hartmuth (Hrsg.): Vermittelte Musik 
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zu geben, der dem Liedkomponisten Schubert nicht vergleichbar scheint. So sieht Newbould vor allem die Sinfonie e-Moll D 729 als


faszinierendes Bindeglied zwischen den frühen und den späten Symphonien, wobei die „Unvollendete“ und die „Große“ mehr in ihren Überleitungen als in ihren Themen vorweggenommen werden, die – zumindest in den Ecksätzen – noch von Schuberts Bewunderung für Rossini zeugen.51

51 Newbould, a. a. O. (s. Anm. 4), S. 25.


Gülke vermutet das „Auseinanderfallen von Gewolltem und Erreichbarem“ als „Schockerlebnis“ (er bezieht sich auf die langsame Einleitung des Fragments D 615) und sieht hierin den Grund für Schuberts Abbrechen an dieser Arbeit.52

52 Gülke, Neue Beiträge ..., a. a. O. (s. Anm. 47), S. 190 u. 193 f.

Aber Gülke betont auch mit Nachdruck, der „lernende Schubert“ lasse sich nicht trennen vom einem „eigentlichen“.53
53 Gülke, Franz Schubert ..., a. a. O. (s. Anm. 4), S. 59.

Detailliert führt er in bezug auf D 708, 729 und 936 aus, wie offensichtlich kompositorische Verzahnungen mit den vollendeten Sinfonien erkennbar sind.54
54 Gülke, Neue Beiträge ..., a. a. O., S. 193–203 u. S. 205–217.

Spieltechnisch sind die Fragmente D 615, 708A, 729 und 936, die zudem seit Anfang der 1980er Jahre auf Tonträger vorliegen,55

55 1977 RSO Leipzig für den DDR-Rundfunk, 1978 Dresdner Staatskapelle, beides Ltg. Peter Gülke, als Schallplatte. Academy of St.-Martin-in-the-Fields, Ltg. Neville Marriner, (Rekonstruktion Newbould) Philips Ph 412176-2 PMS 1981–1984.

beim durchschnittlichen Schwierigkeitsgrad der beliebtesten vier Sinfonien anzusiedeln. Auch könnte es als reizvolle orchesterpädagogische Aufgabe angesehen werden, noch unbekannte, fragmentarisch überlieferte Sinfonieteile eines im allgemeinen Bewußtsein „bekannten“ Komponisten zu präsentieren und eventuell auch zu kommentieren.


Die Biographieforschung hat mittlerweile auch das Bild des Menschen Franz Schuberts relativiert. Als Zwölfjähriger hat Schubert nachweislich als Geiger, später als Stimmführer im Konviktsorchester mitgewirkt. Dort hat er „alle Sinfonien von Josef Haydn, Mozart, dann die zwei ersten von Beethoven, ferner alle damals gangbaren Ouvertüren, selbst Coriolan und Leonore“56

56 Otto Erich Deutsch (Hg.), Schubert. Die Erinnerungen seiner Freunde, Leipzig 2. Auflage 1966, S. 68 u. 391, zit. bei Hinrichsen, Schubert und das Orchester, in: Dürr/Krause (Hg.), a. a. O. (s. Anm. 3), S. 514.

kennengelernt. Seine eigenen frühen Ouvertüren und Sinfonien (alle Werke bis D 82) sind mit großer Wahrscheinlichkeit von diesen Vorbildern angeregt worden.57
57 Hinrichsen, a. a. O., S. 514; Gülke, Franz Schubert ..., a. a. O., S. 58.

Nach seinem Austritt aus dem Konvikt bot sich als praktisches Betätigungsfeld für den Spieler und Komponisten „das aus dem Familienquartett im Hause des Vaters hervorgegangene Liebhaberorchester“ unter Leitung des Geigers Otto Hartwig, in dem zunächst zum eigenen Vergnügen, dann für eingeladenes, später auch für zahlendes Publikum „im halböffentlichen Raum“ musiziert wurde.58
58 Hinrichsen, a. a. O., S. 514.

Hinrichsen sieht hierdurch ein kontinuierliches Hineinwachsen Schuberts in die

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