- 205 -Kinzler, Hartmuth (Hrsg.): Vermittelte Musik 
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Wenn auch die 7. und 8. Sinfonie als deutlich abgehobene Entwicklungsstufe im Schaffen Schuberts gelten, mit denen er sich in der großen Öffentlichkeit dem Vergleich mit den Vorbildern Haydn und Mozart stellen wollte, so kann man die 1816 entstandene 5. Sinfonie nicht nur als unreifen Versuch der Nachahmung abtun.46

46 Steinbeck, a. a. O. (s. Anm. 36), S. 553.

Die Schubert-Forschung hat vielmehr nachgewiesen, daß der Entwicklungsprozeß, den Schubert vor allem in seinem sinfonischen Schaffen durchlief, trotz mehrerer unvollendeter Ansätze47
47 Steinbeck, a. a. O., S. 550; Siehe vor allem den Aufsatz von Peter Gülke, Neue Beiträge zur Kenntnis des Sinfonikers Schubert. Die Fragmente D 615, D 708 A und D 936 A, in: Metzger/Riehn (Hg.), a. a. O. (s. Anm. 34), S. 187–220.

ein kontinuierlicher war. Helmut Well sieht die 5. Sinfonie vielmehr als frühen „Höhepunkt im sinfonischen Schaffen“ Schuberts,


dessen komplexe Gestaltung von der Unkompliziertheit des formalen Gerüsts, der reduzierten Besetzung sowie der Eingängigkeit der Themen geradezu verdeckt wird.48

48 Helmut Well, Frühwerk und Innovation. Studien zu den „Jugendsinfonien“ Franz Schuberts (= Kieler Schriften zur Musikwissenschaft; Bd. 42), Kassel usw. 1994, S. 259.


Ein chronologischer und stilistischer Einschnitt zwischen den Sinfonien 1–6 und

7–8 ist mittlerweile vielfältig analysiert. Der Beleg einer veränderten Zielrichtung Schuberts (die 7. und 8. gelten als „große Sinfonien“) und drei Entwürfe bzw. Fragmente (D 815, 681A, 729), die unvollendet geblieben sein könnten, weil sie einer bestimmten, sich verändernden Vorstellung des Komponisten nicht entsprachen, sind jedoch kein Grund, eine Zweckbestimmung mit Blick auf eine stärker professionalisierte Aufführung erst bei der 7. Sinfonie zu konstatieren (vgl. Zitat und Anm. 35 S. 202). Leibowitz legt vielmehr dar, wie aus dirigentischer Sicht eine konsequente Abfolge kompositorischer Entwicklungsschritte gesehen werden kann, die er als Interpretationshilfen für alle Sinfonien nutzbar macht. Dabei sieht er in jeder einzelnen durchaus den „äußersten Rang des musikalischen Ausdrucks repräsentiert“, was für eine „Qualität an sich“ spreche, ungeachtet historischer, psychologischer und sonstiger Beurteilungen.49

49 Leibowitz, a. a. O. (s. Anm. 34), S. 186.

Bezüglich der sinfonischen Fragmente ist schon ein besonderes Interesse des Dirigenten und die musikwissenschaftliche Hilfestellung vonnöten, um die größeren Mühen in der Notenbeschaffung,50

50 Leihmaterial beim Peters-Verlag Frankfurt a. M.

im Verständnis des musikgeschichtlichen Stellenwertes und in der Vermittlung gegenüber Orchester und Publikum zu bewältigen. Vor allem den musikwissenschaftlichen Bemühungen Peter Gülkes und Brian Newboulds ist es zu verdanken, daß den Sinfoniefragmenten durchaus mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden könnte. Beide haben versucht, eingedenk aller Vorbehalte, die Skizzen Schuberts zu orchestrieren und damit Anstoß zur Diskussion um die Entwicklungsstufen des Sinfonikers Schubert

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