- 106 -Kinzler, Hartmuth (Hrsg.): Vermittelte Musik 
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Die Dreidimensionalität des sie umgebenden Raums erfahren sie primär durch explorative Bewegungen ihres Körper. Entsprechendes gilt für die Erfahrung des Zeitstroms, der ebenfalls in fließenden Bewegungen körperlich vollzogen wird. Solch motorisch explorative Phasen sind eine notwendige Vorstufe für die Wahrnehmung und Produktion abstrakter Klänge. Es überrascht daher nicht, daß in unserer Langzeitbeobachtung eine hochsignifikante Korrelation zwischen Bewegungsfluß und Bewegungskoordination mit der Präzision stimmlicher Äußerungen feststellbar ist.



Abb. 1

Signifikante Pearson Korrelationen zwischen Bewegung und Stimme zum Ende des zweiten Untersuchungsabschnitts.
** = Signifikanz-Niveau 0.01; * = Signifikanz-Niveau 0.05


Die Sequenz der angebotenen patterns beruht auf einem lernpsychologisch abgestimmten Wechsel von Wiederholung und Abwechslung. Obwohl die Kinder selber nur Melodien in Dur oder Moll singen, hören sie Melodien in allen Tonarten und Modi. Wie Untersuchungen gezeigt haben, kann das Ohr (der „Musikverstand“) den Klang z. B. von Dur in Abgrenzung (im Vergleich) zu mixolydischen Melodien leichter stabilisieren, weil es durch die Differenz (fehlender Leitton) die Besonderheit beider Klangeigenschaften erfährt. Denn man erkennt Gleiches immer nur durch die Wahrnehmung von Verschiedenheit. Diese ist im Lernprozeß daher wichtiger als die bloße Imitation des immer Gleichen.


Die bisherigen Erfahrungen bestätigen im wesentlichen die Abfolge bestimmter Lernstufen, wie sie in ähnlicher Weise Gordon (1990) beschrieben hat, der drei Stadien (Akkulturation, Imitation und Assimilation) unterscheidet, die wiederum in sieben Stufen (Absorption, Zufallsreaktion, bewußte Reaktion – Aufhebung der Egozentrizität, Durchbruch – Introspektion, Koordination) gegliedert sind. Unsere Beobachtungen legen es nahe, sechs Stadien spezifischer Erfahrungsbildung zu unterscheiden. Zunächst absorbieren die Kinder die ihnen dargebotene musikalische Information allein dadurch, daß sie anwesend sind (1. Phase der Absorption). Es gibt noch keine bewußten Reaktionen und noch keine gezielten Aktionen in der Auseinandersetzung mit dem Klang. Noch nicht einmal von gezielter Aufmerksamkeit gegenüber den Klängen kann in dieser Phase gesprochen werden, vielmehr fahren die Kinder in der Regel mit ihren gewohnten Tätigkeiten


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