- 66 -Kietz, Nicola: Musikverstehen und Sprachverstehen 
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einem oder mehreren Argumenten und einem relationalen Ausdruck (= Prädikat). Z.B. gibt die Proposition
reparieren ( Peter, Grammophon )

den semantischen Gehalt des oben genannten ersten Beispielsatzes wieder. Nach diesem Modell läuft der Verstehensprozeß so ab, daß

"[...] der Rezipient den Wörtern im Satz Argumentkonzepte zuordnet, diese bezüglich ihrer Funktion in Beziehung zum Prädikat setzt und somit die dem Satz zugrundeliegende Proposition erkennt [...]." (Schwarz 1992, S. 146)

Dieser Erklärungsansatz besagt letztlich, daß alle benötigten Informationen für den Aufbau einer semantischen Repräsentation im Satz selbst vorhanden sind und aus ihm extrahiert werden können (= bottom-up-Prozeß). Wie aber an anderer Stelle bereits deutlich geworden ist, muß davon ausgegangen werden, daß auch der Kontext und ältere Wissensbestände den semantischen und syntaktischen Verarbeitungsvorgang mitbestimmen (= top-down-Prozeß), so daß der propositionale Ansatz inzwischen um das Schema-Modell erweitert wurde.
Charakteristika und Funktionsweisen von den im LZG gespeicherten Schemata sind schon in Kapitel 3.2.2.4 zur Sprache gekommen. Als top-down-Komponente steuern sie in der Sprachrezeption syntaktische und semantische "Lesarten" des verbalen Inputs und ermöglichen die Bildung plausibler, nicht im Text genannter Zusammenhänge oder auch die Ergänzung akustisch fehlerhafter Informationen.
Man kann sich das so vorstellen, daß bei der syntaktischen Analyse die Reihenfolge der wahrgenommenen Wörter (ausgehend von ihrer Zugehörigkeit zu syntaktischen Kategorien) mit den im LZG gespeicherten syntaktischen Mustern für einzelne Satz- und Konstituententypen verglichen wird. Auch syntaktisch mehrdeutige Sätze (vgl. den Beispielsatz auf S. 22) können auf diese Weise entschlüsselt werden. Die semantische Analyse läuft unter Rekurs auf Schemata, die Weltwissen codieren, ähnlich ab. Schon die zwei Sätze

Susi durchwühlte die ganze Tasche nach ihrem Portemonnaie. Die Kassiererin wartete geduldig.

vermögen es, das EINKAUFEN-Schema auszulösen, welches Schlußfolgerungen auf nicht explizit genannte Einzelheiten ermöglicht.


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