- 27 -Kietz, Nicola: Musikverstehen und Sprachverstehen 
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außerhalb der Musik Existierendes Bezug zu nehmen. Daß Musik nicht nur Form und Klang ist, sondern auch Begriffliches verkörpern kann, wird insbesondere zur Zeit der Nachahmungsästhetik deutlich. Die Natur, d.h. reale hör- und sichtbare Vorgänge sowie menschliche Affekte sind hier das Vorbild, das es musikalisch abzubilden gilt.
Die Beziehung zwischen musikalischem Zeichen und bezeichnetem Sachverhalt kann dabei (muß aber nicht) wie beim sprachlichen Zeichen willkürlicher Art, also nachträglich "gesetzt" bzw. verabredet sein. Drei Beispiele sollen zur Verdeutlichung dieser arbiträren Codierungsart herausgegriffen werden:

a) Symbolik in Form eines Zahlenalphabets

Die Buchstaben des Alphabets werden durchnumeriert; durch Addition der jeweiligen Zahlen können etwa Namen in der Musik verschlüsselt werden. [Z.B. JOHANN SEBASTIAN BACH = 158 = Anzahl der Melodietöne in Bachs Orgelchoral "Wenn wir in höchsten Nöten sein" BWV 641]

b) Zahlensymbolik

Zahlen können konventionell für einen bestimmten Begriff stehen [z.B. 3 = Dreieinigkeit], der dann in der Anzahl an Stimmen, Tönen, Takten oder Sätzen verschlüsselt wird.

c) Tonbuchstabensymbolik

Mit denjenigen Buchstaben des Alphabets, die Notennamen be-zeichnen, kann musikalisch "geschrieben" werden. [Z.B. b-a-c1-h als drittes Thema von J.S. Bachs "Fuga a 3 soggetti" in der "Kunst der Fuge"; ein Beispiel aus der Romantik: das Thema der ABEGG-Variationen (op. 1) von R. Schumann]

Sprachliche wie musikalische symbolische Zeichen stellen allerdings nur eine Teilklasse der Zeichen im allgemeinen dar. Während bei ihnen der Zusammenhang zwischen Bezeichnendem und Bezeichnetem ausschließlich auf Konventionen der sprachlichen bzw. kulturellen Gemeinschaft beruht, hält die Semiotik für Zeichen, bei denen der o.g. Zusammenhang motivierter Natur ist, die Begriffe Ikon und Index bereit (s. Abb. 11).


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