- 26 -Kietz, Nicola: Musikverstehen und Sprachverstehen 
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"[...] fördert ein Denken in Analogien und verstellt eher den Blick für die spezifischen Differenzen zwischen sprachlich begrifflicher und musikalischer Bedeutung."

Schneider (1980, S. 240/241) meint sogar:

"Das Problem der "Bedeutung" von Musik, [...], kann nicht mit der Bedeutung linguistischer oder semiotischer Systeme verglichen bzw. überhaupt nicht semiotisch erfaßt werden. Vielmehr verlangt es eine eigenständige musikalische Gehaltsforschung."

Wie sich im weiteren zeigen wird, ist diese letzte Ansicht allerdings ebenso kurzsichtig wie die blinde Übertragung linguistischer Methoden, vor der Gruhn warnt. Eine kritische Hinterfragung sprachwissenschaftlicher Terminologie und Methodologie im musikalischen Bereich bringt nämlich durchaus einige Ähnlichkeiten ans Tageslicht.
Da der Aspekt der musikalischen Bedeutungskonstitution zentral für das Verständnis der Gemeinsamkeiten und Abweichungen sprachlicher von musikalischen Objekten ist, werde ich auf ihn größere Aufmerksamkeit richten, bevor ich mich dann - parallel zur Beschreibung des Sprachsystems in Kapitel 2.2 - der "musikalischen Syntax" und "Pragmatik" zuwende.

2.3.2.1 Musikalische Bedeutungskonstitution

Den obigen Ausführungen folgend möchte ich zu Anfang darauf hinweisen, daß zwischen einer Bedeutungskonstitution auf musikalischer "langue"-Ebene (= schriftlich fixierter Notentext) und derjenigen auf musi-kalischer "parole"-Ebene (= tatsächlich erklingende Musik) zu unterscheiden ist. Die Aufführung von Musik ist immer zugleich auch eine Interpretation des musikalischen Textes und vermag neue Bedeutungsaspekte mit einzubringen. Im folgenden soll es zunächst um die musikalische langue-Ebene gehen.

Wie in Kapitel 2.2 gezeigt wurde, ist eine Hauptfunktion von sprachlichen Zeichen der Verweis auf Gegenstände und Sachverhalte in der außersprachlichen Wirklichkeit (Darstellungsfunktion; s. Bühlers Organonmodell S. 20). Dieser Verweischarakter ist aber keineswegs auf den sprachlichen Bereich beschränkt. Von jeher ist auch mit musikalischen Mitteln versucht worden, auf etwas


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