- 384 -Kestenberg, Leo (Hrsg.): Kunst und Technik 
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Materials auf seine spätere Darstellung im mittönenden Raumbilde hin zu gestalten, sofern die Tonphotographie mehr sein will als die einfache Darstellung eines sich im Raume abspielenden Klanges, der seinen Endausdruck in sich trägt. Nur aus der künstlerischen Gestaltung des Widerspiels: Möglichkeiten des Klanges in unserer Raum- und Zeitwirklichkeit gegen Aufteilungs-, Abstufungs-, Verschmelzungs- und Bewegungsmöglichkeiten des Klanges im akustischen, technisch bedingten Raumbild, resultieren neue “Ansichten” von einer klingenden Wirklichkeit. Hier beginnt die Tonphotographie als Kunst. Was man heute durchschnittlich an Tonphotographie zu hören bekommt, sei es auf Schallplatte oder tönendem Filmband, kommt keineswegs aus einer Einsicht, die im Raumton ein entscheidendes Gestaltungsmittel für den künstlerischen Aufbau des Tonphotos sieht. Es werden zwar Aufnahmen gemacht, welche uns die Räumlichkeit, in der sich ein Klang abspielt, klingend mitübermitteln. Man kommt jedoch nicht um den Eindruck herum, als sei der Raum nur zufällig mit dem primären Klange in das akustische Objektiv gekommen. Im besten Falle besitzt der mitschwingende Raum den Wert einer mehr oder weniger beziehungsvoll mitgelieferten Stimmung. Von einer bewußten und souveränen Anwendung des Raumtones im Sinne eines formalen selbständigen Gestaltungsmittels vermögen diese Aufnahmen nicht zu überzeugen. Was bei der Schallplatte, die einen rein archivalischen Charakter besitzt, noch sinnvoll ist, verliert beim TonfiIm, wo die einzelnen Tonphotos in einem Gestaltungszusammenhange stehen, seine Berechtigung. Schließlich ist es rein technisch damit, daß man ein oder zwei Mikrophone in einer bestimmten Entfernung zu dem aufzunehmenden Klange aufstellt, nicht getan. Damit sind bei weitem noch nicht die Möglichkeiten des akustischen Objektivs erschöpft.


Tonphotographie als Kunst bedeutet technisch Experiment und Neuerung. Die heutige Aufnahmetechnik ist entsprechend den Darstellungstendenzen des Tonfilms reproduktiv eingestellt. So wird das Leistungsvermögen des akustischen Objektivs nur zu einem Bruchteil ausgenützt. Sogar die gesamten technischen Verbesserungen verdanken wir der Naturimitation. Die technischen Bestandteile, wie Membran, Verstärker-, Aufzeichnungs- und Wiedergabeapparatur werden “korrektiv” zueinander abgestimmt so, daß die reproduzierten Laute ein getreues Abbild der aufgenommenen sind; das heißt, daß der Wirkungsgrad, das Verhältnis der aufgenommenen zur abgegebenen


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