- 354 -Kestenberg, Leo (Hrsg.): Kunst und Technik 
  Erste Seite (1) Vorherige Seite (353)Nächste Seite (355) Letzte Seite (464)      Suchen  Nur aktuelle Seite durchsuchen Gesamtes Dokument durchsuchen     Aktuelle Seite drucken Hilfe 



aber würde jedenfalls auch die Beschaffung der Musik - Betrauung des Komponisten — obliegen, wenn sich's um ausländische Filmproduktion handelt; vorausgesetzt, daß deren Produkt als Kompositionsobjekt in Frage kommt. Werke etwa wie “Goldrausch” oder “Der General” müßten dem Zugriff der künstlerischen Musikzusammensteller entzogen werden.


Aufgabe der gedachten Organisation könnte nur sein, und es wäre eine Aufgabe auf Jahre hinaus: mählich das System der filmfremden Musik abzubauen und jedem Film seine Musik — aber eben allen Ernstes seine Musik zukommen zu lassen. Nicht wörtlich: jedem. Die heutige Filmmusik bleibt, weil das Prinzip künstlerisch nicht diskutierbar ist, unter dem Niveau jedes künstlerisch diskutierbaren Films; für den künstlerisch indiskutablen Film mag sie eben recht sein. In welchem Umfang das Prinzip “künstlerischer Filmmusik” anwendbar ist, wie dicht das System seiner Anwendung angelegt, wie weit hinab es reichen soll, welche Filme denn überhaupt “eigene” — und eigenwertige Musik brauchen (um nicht zu sagen: vertragen), das alles sind Zukunftsfragen, auf die es nur eine Antwort geben kann: die Realität der Musik, die geschaffen wird. Der Organisation Inhalt zu geben, müßte Sache des Musikers sein. Sache der Organisation: dem schaffenden Musiker endlich den Weg freizugeben; ihn zur Mitarbeit heranzuholen (freilich auch, praktisch heranzubilden); die Filmkunst von kunstunwürdiger Ersatzmusik zu reinigen und so, im Effekt, das Stück Musikleben aufzurichten, das Filmmusik für uns werden könnte. Daß endlich auch das Ausland von dieser deutschen Filmmusik Notiz nehmen würde, dürfen wir erwarten; es wäre nicht das erstemal, daß aus der deutschen Musikwelt die Welt fruchtbare Anregungen gewänne.


An den Musikenthusiasmus der Filmindustrie zu appellieren, wäre zwecklos; aber sie sollte erkennen, daß planmäßige Organisierung des Musikwesens für keinen Teil finanzielle Mehrbelastung zu bedeuten brauchte. Es ist ein Riesenaufwand, den alles in allem das Ressort Musik verschlingt. Aber es ist hinausgeworfenes Geld, solange die Musik, die dabei herauskommt, unzulänglich ist. Wird ausnahmsweise ein musik-künstlerischer Versuch finanziert, so ist das Geld hinausgeworfen, weil er im Ansatz steckenbleibt. Heute trägt in der Regel der Theaterunternehmer, jeder von neuem, die Kosten der Musikbeschaffung; direkt — oder im Rahmen seines Kapellmeisteretats. Daß ein solches System der Zersplitterung und der Nichtausnützung geleisteter


Erste Seite (1) Vorherige Seite (353)Nächste Seite (355) Letzte Seite (464)      Suchen  Nur aktuelle Seite durchsuchen Gesamtes Dokument durchsuchen     Aktuelle Seite drucken Hilfe 
- 354 -Kestenberg, Leo (Hrsg.): Kunst und Technik