- 351 -Kestenberg, Leo (Hrsg.): Kunst und Technik 
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Komponisten — eines Komponisten solcher Illustrationsmusik selbstverständlich — gespeist ist. Nun, dann wird es endlich kein erheblicher Unterschied mehr sein, ob der Illustrator das Ganze seiner Illustration aus der Musik eines Illustrationskomponisten zusammen“komponiert”, oder ob der Film geradewegs von einem veritablen “Komponisten” mit illustrativer Musik versehen wird. So könnten am Ende ”Illustration“ und “Komposition” zusammenkommen. Auf solchen Wegen vermöchte der Illustrator, von unten sich emporarbeitend, in stetiger Entwicklung demselben Ziel näherzukommen, das, von obenher, der Komponist nie erreichen wird, solange er nicht aus der Höhe absoluten Musikertums einen Weg in die Ebene der Filmwirklichkeit findet.


Kein Zweifel, dem schaffenden Musiker von heute, der heutigen Musik öffnet der Film Perspektiven, daß sich's lohnte, von ihnen sich locken zu lassen. In führenden Kreisen der Filmbranche hat man wohl ein wenig Angst vor dieser heutigen Musik. Allerdings, für atonale und polytonale Experimente würde in ihren Häusern kein Platz sein. Darum keine Sorge: von Schönbergianern sind Exkursionen ins Filmische kaum zu befürchten. Aber der (Schlagwort gewordene) moderne Musiker wäre gewiß viel weniger furchterregend, fände er endlich aus der keineswegs glänzenden Isoliertheit heraus, in die er, unfreiwillig-hochmütig, mehr und mehr geraten ist. Ein Glück wäre es, wenn er wieder lernen müßte, mit einem Publikum zu rechnen, das da ist — anstatt sich seins in exklusiven Zirkeln abzurichten; ein Glück für ihn, wenn er, und das könnte ihm nicht erspart bleiben, sich den Vorsatz auferlegen ließe, die Wirkung auf unpräparierte Hörer als Maß seines Gelingens, sozusagen die vox populi als vox dei zu rehabilitieren. Wozu denn durchaus nicht genügte, das Stigma der Publikumsfähigkeit ohne weiteres als Kriterium des absoluten Kunstwerts zu unterstellen; wozu vielmehr notwendig sein wird, sich um die Schaffung wahrhaft publikumsfähiger Kunstwerte zu bemühen. Um das große — genauer oder - eigentlich ungenauer gesagt: um das ganz große Publikum müßte sich's ja handeln. Um ,,Publikum“ im weitesten — musiker-fernsten —, nicht im schlechtesten Sinn; nirgends freilich ist der Hörer, auch der musikempfänglich, so wenig aufs Musikhören bedacht wie im Kino, doch auch nirgends so hemmungslos, widerstandslos der suggestiven Macht des Musikers ausgesetzt...


Um das ganze Filmpublikum würde sich's handeln. Wenigstens, solange grundsätzliche Scheidung von Kunst und Unkunst, Stufung der


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