- 328 -Kestenberg, Leo (Hrsg.): Kunst und Technik 
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Entwicklungsmöglichkeiten geprüft wird. Ein Treffpunkt sollte entstehen, an dem sich die Wünsche der produktiv Filmschaffenden mit den Vorschlägen der Technik begegnen, etwa in der Weise, daß der schöpferische Künstler der Technik sagen kann: dies und das schwebt mir vor, ich kann es mit dem vorhandenen Handwerkszeug nicht ausführen — kannst du mir das dazu notwendige Mittel bauen — und daß umgekehrt die Technik dem Künstler sagt: dies und das könnte ich konstruieren — hast du Verwendung dafür?


Ein solches aktives Sammelbecken der künstlerischen Wünsche und der technischen Vorschläge müßte aber vor allen Dingen das enorm wichtige positive Resultat einer Sichtbarmachung der Begabungen haben. Denn — etwas übertrieben (aber nicht allzusehr übertrieben) hing beispielsweise bisher die Auswahl der Filmoperateure nicht von ihren Talenten ab (nämlich der Verbindung technischer Begabung mit der Fähigkeit sensibelster Einfühlung in die Absichten des Regisseurs) — sondern von dem Besitz der modernsten Apparatur und der auf diesen Besitz gegründeten Möglichkeit eines imponierenden Auftretens, während für den begabten Operateur ohne Apparatur fast keine Möglichkeiten bestehen. Das “Laboratorium” aber, das automatisch junge, wirklich interessierte Kräfte anziehen müßte, könnte zwangsläufig eine Auswahl der tatsächlichen Begabungen technischer und künstlerischer Art vornehmen und vor allem diese Begabungen aus ihrer Verborgenheit hervorholen.


Mit einer solchen Sichtbarmachung der Begabungen wäre aber schon etwas in jeder Beziehung Wichtiges und für beide Bedeutungen des Begriffes “Film” Fruchtbares erreicht. Denn wenn man Kunst will und “Kunst” dem Unterhaltungsmittel überzuordnen wünscht, darf man nicht vergessen, daß die Voraussetzung dazu das Vorhandensein des “Künstlers” ist.


Nun ist aber der eigentümliche Kunstmechanismus des Films dem “Künstler” nicht ohne weiteres zugänglich. Das Vordringen einer wirklich produktiven Filmbegabung bis zur Möglichkeit des Produzierens wird in den meisten Fällen nicht durch das zu geringe Volumen dieser Begabung vorzeitig unterbrochen, sondern durch die Behinderung von seiten des bestehenden Systems, das noch nicht mit der Wichtigkeit positiver Produktivität kalkuliert, — und durch die vorläufig noch bestehende Kompliziertheit und Kostspieligkeit des gesamten Apparats. Während der Dichter mit den geringsten technischen Mitteln ein


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