- 327 -Kestenberg, Leo (Hrsg.): Kunst und Technik 
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und anhaltender sein als die der für den Tagesbedarf geschaffenen Unterhaltungsware Die Industrie ist aber nicht in der Lage, eine solche Zeit abzuwarten und muß deshalb darauf verzichten, Kunst als lebendigen Erneuerungsfaktor ihrer Erzeugnisse zu verwenden. Immer wieder bleiben es nur die Fortschritte der Technik, die dem Film neue Kaufkraft geben müssen. Die Entwicklung des Films bewegt sich infolgedessen nicht auf einer autonom-kulturellen Linie, sondern ganz einfach am Gängelbande technischen Fortschritts. Die Technik ist für sie der deus ex machina, der immer dann von neuem einzugreifen hat, wenn die Wirkungskraft ihrer letztvergangenen Auffrischung sich zu erschöpfen beginnt.


Trotz diesem Abhängigkeitsverhältnis des Films von den technischen Fortschritten hat sich bisher im Grunde noch kein wirklich produktives Prinzip eines Miteinander- und Füreinanderarbeitens zwischen Film und Technik herausgebildet. Es ist sonderbarerweise keineswegs so, daß der Film der Technik Aufgaben stellt, die diese zu lösen hätte. Die Technik geht ihren Weg fast vollkommen getrennt und begnadet gewissermaßen nur von Zeit zu Zeit den Film mit ihren Früchten. Es liegt auf der Hand, daß dieses System sehr unfruchtbar ist, und zu erklären ist es nur durch die Jugend, und zwar die sehr stürmische Jugend der Filmindustrie, die ihr keine Zeit ließ, ihr Gebäude nach allen Richtungen hin solid zu fundieren.


So überrascht vor allen Dingen an dieser Industrie bei einem Vergleich mit andern Industrien und Fabrikationszweigen das vollkommene Fehlen des Laboratoriums. Diese für die Entwicklung eines Fabrikationsgebietes wichtigste Keimzelle ist in der Filmindustrie nirgends in wirklich ernst zu nehmender Form anzutreffen. Und doch wäre gerade dieses Laboratorium für den Film der Nährboden, auf dem er sich aus sich selbst heraus und ohne das fortwährende Angewiesensein auf außen entwickeln und befestigen könnte. Es lohnt deshalb, die Möglichkeiten eines solchen Film-Laboratoriums genauer zu untersuchen.


Es wäre nicht etwa Aufgabe dieses Laboratoriums, die Verbesserung und Erweiterung der Apparaturen zu studieren. Das ist eine Angelegenheit der technischen Industrien, mit der sich der Film nicht zu beschweren braucht. Wohl aber müßte hier eine Versuchs- und Untersuchungswerkstätte geschaffen werden, in der das Ausdrucksmittel “Film” von allen Seiten her und nach allen Seiten hin auf seine


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