- 309 -Kestenberg, Leo (Hrsg.): Kunst und Technik 
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der Tonfilm noch das seine dazutun. Endlich werden wir jetzt zu der Erkenntnis kommen, wie wichtig für jede Art von Musikausübung das Körperproblem mit dem bewegungsphysiologischen ist. Ich bin überzeugt, daß die Zeit nicht mehr fern ist, wo die Leitungen der Musikschulen bei der Anstellung von Lehrern, vielleicht sogar bei dem Examen von Schülern, sich zur Kontrolle über den methodisch richtigen Weg des Mikrophons bedienen werden.


Endlich ist noch auf eines hinzuweisen. Wir sprachen von der Überproduktion an konzertierenden Musikern. Der Rundfunk macht auch hier den ersten ernsthaften Versuch, wieder gesunde Verhältnisse herbeizuführen, und zwar dadurch, daß er selbst bei mäßigem Musikbetrieb, wie ihn heute die bunt zusammengewürfelte Hörerschaft verlangt, einen ungeheuer starken Konsum hat und hierbei grundsätzlich das Musizieren ohne Entgelt verwirft und verwerfen kann. Wenn der Rundfunk nicht gekommen wäre, so würde das Elend der konzertierenden und damit auch der lehrenden Musiker noch erheblich größer sein. Bei einer vernünftigen Musikpolitik ist es durchaus möglich, zum mindesten in Städten, in denen Sender vorhanden sind, durch die Beschäftigung der Musiker im Rundfunk die Musikverhältnisse wenigstens vorübergehend einigermaßen zu sanieren.


Was von den Konzertierenden gilt, betrifft in gleicher Weise die lebenden Komponisten. Endlich ist jetzt ein Weg gefunden, der zeitgenössischen Musik neben der vergangener Zeiten wieder einen Platz zu sichern. Denn der Rundfunk, der den Begriff des Repertoire nicht kennt und wahrscheinlich im eigentlichen Sinne nie kennen wird, braucht so viel Musik, daß er mit der akkreditierten alten nicht auskommt. Wir werden auf das besondere Problem der eigentlichen Rundfunkmusik später einzugehen haben. Die Aufführungen von Werken lebender Komponisten, die, was im Wesen des Betriebs liegt, unter günstigen Tantiemenverhältnissen stehen, haben zum erstenmal den Vereinigungen zur Verwertung von Aufführungsrechten insofern einen sozialen Sinn gegeben, als auch der kleine und mittlere Komponist jetzt mit Einnahmen rechnen kann, die ihm wenigstens überhaupt eine Existenzbasis geben. Überall hier wirkt sich der geniale rechnerische Organisationsgedanke des Rundfunks segensreich aus.

Vor diesem vielfachen, entschiedenen Plus, das der Rundfunk gegenüber dem Konzertsaal aufzuweisen hat, dürfen wir aber keineswegs außer acht lassen, daß die Kritik des Konzertsaals am Rundfunk trotz


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