- 295 -Kestenberg, Leo (Hrsg.): Kunst und Technik 
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beeinflussen, eventuell ganz aufhalten; denn es mag viele Menschen geben, und vielleicht sind es sogar die fein empfindenden, die an der guten Reproduktion eines hervorragend gespielten Stückes mehr Freude haben als am eigenen, unvollkommenen Spiel. Wer hier eine starre Theorie verfechten und einseitig im Musizieren oder Hören die bessere Entwicklung erblicken wollte, müßte notgedrungen in einen aussichtslosen Kampf geraten. Denn die Resultate der mechanischen Reproduktion lassen sich ebensowenig ablehnen, wie sich die Aktivierung, die wir alle erfahren haben, unterdrücken läßt. Man wird beiden gerecht werden müssen, und zwar in der Form, daß man dem Charakter der Menschen Rechnung trägt. Man kann den rezipierenden Charakter nicht zum Produzieren zwingen, und den produzierenden nicht zum bloßen Rezipieren. Wer beim Zuhören mehr Freude hat als beim Ausüben, soll hören; aber er kann es mit aktivem Interesse. Darum ist es eigentlich falsch, von der Aktivität des Musizierenden und der Passivität des Hörenden zu sprechen. Letzten Endes ist die Haltung vieler Orchestermusiker beim Spielen passiv genug, und der Zuhörer kann höchst aktiv ein Musikstück verfolgen. In diesem Sinne muß die Musikerziehung die Aktivität der Menschen an der Musik wachrufen, und solch aktives Interesse wird dem Autor die Aufgabe, sich allgemein an weite Kreise zu wenden, bedeutend erleichtern.


VI


Wir begannen mit dem Satz: Das Verhältnis des schaffenden Musikers zum Rundfunk ist eine Folge geistiger und artistischer Einstellung. Wir haben die Anforderungen erörtert, die von der Übertragungsapparatur an die Kompositionstechnik gestellt werden. Die besprochenen Eingrenzungen und Beschränkungen sind dabei die wichtigsten Forderungen; andere sind nur darum weniger wichtig, weil sie methodisch und leichter zu erkennen und zu erlernen sind. Wer den Ehrgeiz hat, ein für den Rundfunk völlig geeignetes Werk zu schreiben, muß hören und studieren, wie er es in jedem andern Falle auch tun muß. Technik und Können ist auch hier unerläßliche Vorbedingung für die Möglichkeit, sich auszudrücken und verständlich zu machen. Wir forderten weiter, daß die geistige Haltung der Werke einfach sei, damit sie ohne weiteres vom Hörer bestimmten geistigen


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