- 289 -Kestenberg, Leo (Hrsg.): Kunst und Technik 
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ist erfaßbar, wenn auch bestimmt nicht in erster Linie, und sicher nur bei vollendet artistischer lnterpretation. Wie aber das feinste espressivo-Detail meist ebenso verlorengeht wie jene Stimmung des Konzertsaales, die neben der Darbietung besteht, so wird das menschliche Gefühl des “Ich“ und “Du”, das den Hörer an den Interpreten bindet, nicht aufkommen können. Darum glaubt man dem Interpreten weniger als dem Werke. Damit ist alles Ichbetonte reduziert. Der Stil des Rundfunks ist in erster Linie episch.


In Hinsicht auf das Geistige des musikalischen Stils ist also jede “reine” Musik charakteristisch darstellbar und für den Rundfunk geeignet. Musik, deren Wesen darüber hinausgeht, Bekenntnismusik, Programmusik, Zweckmusik, wird stilistisch nicht so selbstverständlich hingenommen werden, wenn auch nicht übersehen werden soll, wie unsere Kenntnis und Nähe zu solcher Musik so viel aus Gewohnheit stammendes Entgegenkommen schafft, daß es übertrieben wäre, ihre Wiedergabe abzulehnen.


Was aber die äußeren Erscheinungsformen anbetrifft, so ist klar, daß alle diejenigen Werke richtig und charakteristisch vom Lautsprecher reproduziert werden können, die in allen Gebieten einfach, durchsichtig und klar sind, in deren Instrumentation die Hell-Dunkel Kontraste und nicht komplizierte Timbre-Mischungen wesentlich sind, deren Diktion prägnant, deren Plastik rhythmisch und deutlich, und deren Dynamik insofern begrenzt ist, als sie auf ganz große Gesten und allzu weite Spannungen verzichtet.


IV


Es ist nicht möglich, hier so ausführlich zu schreiben, wie es zu einer Instrumentations- und Kompositionslehre notwendig wäre. Die wenigen Beispiele müssen genügen, um klarzustellen, worauf und in welche Richtung ein Komponist zu sehen hat, der eine vollkommen geeignete Musik für Rundfunk schreiben will. In bezug auf Kompositionstechnik handelt es sich dabei hauptsächlich immer nur um die eine Forderung: klare und eindeutige Wirkung zu erzielen. Den Beweis für die Richtigkeit dieser Forderung dürfte die Erfahrung bereits gebracht haben. Zwar behauptet mancher Musiker, Werke jeden Stiles in restlos befriedigender Lautsprecherdarbietung gehört zu haben. Man darf dabei


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