- 283 -Kestenberg, Leo (Hrsg.): Kunst und Technik 
  Erste Seite (1) Vorherige Seite (282)Nächste Seite (284) Letzte Seite (464)      Suchen  Nur aktuelle Seite durchsuchen Gesamtes Dokument durchsuchen     Aktuelle Seite drucken Hilfe 



Lärm oder ähnliches erscheinen lassen. Werden Werke aufgeführt, die im ganzen oder in wesentlichen Teilen unverständlich bleiben, so wird der Autor oder gar die Kunst geschädigt, in weiterem Umfange das kulturelle Niveau der Hörer beeinträchtigt.


Die Sprache eines Musikstückes dürfte immer dann erkennbar sein, wenn — von subjektiven Momenten des einzelnen Hörers müssen wir hier absehen — ihre charakteristischen Merkmale deutlich hervortreten; das heißt sie muß in ihrem eigenen Stile klangecht, plastisch und artikuliert sein. Nun haben wir bis zum heutigen Tage doch schon viele Erfahrungen aus dem Hören sammeln können. Danach ist festzustellen, daß bei bester Interpretation beim heutigen Stande der Technik gewisse Wirkungen im Lautsprecher nicht zu erreichen sind. Infolgedessen sollten im Interesse der Kunst solche Werke, deren Wirkung nicht garantiert ist, als ungeeignet von der Wiedergabe ausgeschlossen werden.


Daraus entsteht die erste Frage und Forderung an den schaffenden Musiker. Wir wissen, was wirken kann; sollten wir nicht Werke, deren Wirkung unmöglich ist, bearbeiten? Eine solche Bearbeitung hat nichts mit Entweihung oder Verstümmlung des Originals zu tun. Sie steht allein im Dienste des Geistes am Kunstwerk, und sie darf nicht von minderen, sie muß von besten Künstlern versucht werden. Geschieht dies nicht, dann muß sich der Rundfunk eine Beschränkung in der Auswahl seines Programms auferlegen, oder er erreicht, daß die Hörer viele wertvolle Werke ablehnen, sich vielleicht gar infolge der unverständlichen Wiedergabe bewußt von Werken abwenden, die sie in besserer Kenntnis hoch geschätzt hatten.


Die Rundfunkbearbeitung hat sich im wesentlichen mit drei Fragen zu befassen. Die Klangcharakteristik und das klangliche Gleichgewicht müssen kontrolliert werden. Zum Beispiel ist der Ausgleich zwischen voll oder weich und schlanker oder härter klingenden Instrumenten wichtig. Bei einer Marschbearbeitung, die in der Rundfunkversuchsstelle gemacht wurde, reduzierte man die weichklingenden Blechinstrumente der Mittellagen von 6 im Original auf 2, während die harten (weniger resonanzreichen) nur von 6 auf 4 reduziert wurden. Dafür wurde eine Es-Klarinette mehr eingeführt und nur eine Flöte verwendet, weil sich der Flötenklang vom übrigen Orchester sonst zu sehr abhebt. Ferner müssen die polyphone Plastik und der harmonische Satz geprüft werden. Störende, weil den Klang nur verdickende Füllstimmen


Erste Seite (1) Vorherige Seite (282)Nächste Seite (284) Letzte Seite (464)      Suchen  Nur aktuelle Seite durchsuchen Gesamtes Dokument durchsuchen     Aktuelle Seite drucken Hilfe 
- 283 -Kestenberg, Leo (Hrsg.): Kunst und Technik