- 266 -Kestenberg, Leo (Hrsg.): Kunst und Technik 
  Erste Seite (1) Vorherige Seite (265)Nächste Seite (267) Letzte Seite (464)      Suchen  Nur aktuelle Seite durchsuchen Gesamtes Dokument durchsuchen     Aktuelle Seite drucken Hilfe 



Versuche rütteln natürlich an die meist eng bemessenen zeitlichen Grenzen. Eine Spanne von 25 bis 30 Minuten, für einen pädagogischen Einzelvortrag völlig ausreichend, muß sehr sorgsam eingeteilt und überwacht werden, um die einigermaßen geschlossene Durchführung irgendeiner Einzelfrage zu ermöglichen.


Die methodische Anlage eines solchen Gesprächs ist schwer zu verallgemeinern. In den vorher beschriebenen Formen der Arbeit wird es meist den Charakter einer freien Unterrichtsstunde haben, in der nicht nur Fragen beantwortet, sondern auch Einwände und Ergänzungen vorgebracht werden. Eine grundsätzliche Verständigung über den Stoff und über den Aufbau ist nötig, doch bedarf es dazu bei fortschreitender Übung nur weniger Minuten. Wichtig wird sein, Lösungen und Beispiele vorher anzugeben, um später die Reaktion zu beschleunigen. Denn im Gegensatz zu einer wirklichen Stunde dürfen vor dem Mikrophon keine leeren Stellen entstehen, keine allzu langen Pausen; Frage und Antwort, die Antworten untereinander müssen ein wenig ausgewogen sein, um den Eindruck der Lebendigkeit und Ursprünglichkeit mit dem Gesamtbild einer durchgestalteten und geschlossenen Arbeitsform zu verbinden. Dies ist natürlich wesentlich eine Frage des Gelingens. Es gibt Stunden, die auch ohne jedes Zutun des Kursleiters in ihrer Architektonik ganz von selbst kleine Kunstwerke werden, andere, die sehr weit davon entfernt sind. Das scheint kein spezifischer Wert der Arbeitsstunde im Rundfunk zu sein, ist aber gerade hier viel wichtiger als in einer wirklichen Unterrichtsstunde, die sich in der Spannung von Frage und Antwort erschöpft. Den Hörern, die an dem Gespräch nicht aktiv teilnehmen, muß auch in dieser Richtung ein Ersatz für die fehlende Unmittelbarkeit des Erlebnisses gegeben werden. Damit hängt zusammen, daß, ähnlich wie im Vortrag, auch hier eine gewisse eigene Technik in Frage und Antwort entsteht, eine eigene Haltung, die erst langsam gewonnen wird.


Mit dem Ausbau des Stoffes tritt vielleicht auch eine Entwicklung der Form ein. Wir nannten unsere späteren vergleichenden Stiluntersuchungen “Gespräche über Musik”. Dieser neuen Bezeichnung lag eine etwas veränderte Form des Zusammenarbeitens zugrunde. Frage und Antwort, überhaupt das lehrhafte Moment, traten zurück. In manchen Fällen wurden die Standpunkte der einzelnen Teilnehmer, von denen aus das Gespräch zu führen war, vorher festgelegt. Wo es irgend anging, wurde versucht, diese Standpunkte zu Gegensätzen


Erste Seite (1) Vorherige Seite (265)Nächste Seite (267) Letzte Seite (464)      Suchen  Nur aktuelle Seite durchsuchen Gesamtes Dokument durchsuchen     Aktuelle Seite drucken Hilfe 
- 266 -Kestenberg, Leo (Hrsg.): Kunst und Technik