- 265 -Kestenberg, Leo (Hrsg.): Kunst und Technik 
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Teilnehmer der Arbeitsgemeinschaft, so ist der pädagogische Zweck vollkommen erreicht. Ein Beispiel: Wir stellten nach vorangegangenen Volkslieduntersuchungen das erwähnte kleine Menuett von Bach zunächst anonym hin; wir hörten es und rieten dann einige Minuten nach dem Autor, nur mit der Verabredung, daß diejenigen, die es kannten, mit der richtigen Antwort zurückhalten sollten. Sofort kommt eine Zuschrift. “Bei dem im vorigen Vortrag gespielten Menuett habe ich sofort auf Bach geraten, ohne es zu kennen”, schreibt der Einsender triumphierend, “für Mozart schien es mir zu wenig verziert, für Händel zu einfach. Es war eine rein gefühlsmäßige Auffassung, für die ich keinerlei bestimmte Gründe hätte angeben können.” Solche Einzelfälle können als Symptom genommen werden. Sie bestätigen, daß der Weg richtig war.


Aus diesen Bemerkungen geht schon hervor, daß einer der Teilnehmer ständig am Instrument sitzt, wenn es sich nicht gerade um Gebiete handelt, bei denen das Beispiel auch durch Singen gegeben werden kann. Es wird alles gespielt, jedes Wort wird nach Möglichkeit sofort lebendig; auch einzelne Bruchstücke, bestimmte Intervalle werden angegeben, oft wiederholt. Der Kontakt mit dem Kursleiter muß an dieser Stelle natürlich besonders stark sein, damit die Verständigung automatisch erfolgt.


Sonst ist über die Zusammensetzung des Arbeitskreises noch zu sagen, daß nicht nur Differenzen hinsichtlich der musikalischen Vorbildung, sondern auch in der allgemeinen Einstellung erwünscht sind. Ist es bei der Durchführung der vorher angedeuteten Aufgabe unerläßlich, daß sich einige musikalisch gebildete Teilnehmer in der Arbeitsgemeinschaft befinden, so ist es vom entgegengesetzten Standpunkt aus wünschenswert, daß dies bei einigen andern wiederum nicht der Fall ist. Nicht nur, um die Hemmungen in den Fortgang des Gesprächs einzuschalten, die der durchschnittliche Laienhörer selbst empfindet, sondern auch, um dem Gespräch über seine engeren sachlichen Grenzen hinaus neue Impulse zu geben. Beziehungen zur Natur, zu Gesetzen der Biologie oder Morphologie werden geäußert, Vergleiche mit den andern Künsten tauchen auf, hervorgerufen schon durch gemeinsame Terminologie, durch Begriffe wie Farbe, Überschneidung, Linienführung, Pfeilerton usw. Daß bei allen mehr historisch gerichteten Fragestellungen solche Seitenblicke immer häufiger und immer fruchtbarer werden, bedarf kaum einer Erwähnung. Alle diese


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