- 256 -Kestenberg, Leo (Hrsg.): Kunst und Technik 
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Gesichtspunkte tauchen auf, vor allem der historische. Auf einer weiteren Entwicklungsstufe der Arbeit wird daher die vergleichende stilkritische Untersuchung in den Mittelpunkt treten. Der Vergleich, über dessen Bedeutung für die Rundfunkpädagogik schon vorher gesprochen wurde, ist eine der anregendsten und fruchtbarsten Arbeitsformen. Ist er in der Verteilung von Gemeinsamkeit und Gegensatz richtig ausgewogen, so vermittelt er in gedrängter und äußerst plastischer Form eine Fülle historischer und künstlerischer Erkenntnisse. Er stellt zum Beispiel in einzelnen Themen Haydn gegen Mozart, Haydn und Mozart gegen Beethoven, den frühen Beethoven gegen den späteren, dann Schumann gegen Schubert, Liszt gegen Chopin, Schönberg gegen Reger oder auch Bach gegen Händel. Letztes Ziel dieser vergleichenden Untersuchungen bleibt die Erkenntnis der künstlerischen Persönlichkeit, des individuellen Stils. Eine anregende und lebendige Entwicklung einer solchen Arbeitsstunde kann darin liegen, daß das betreffende Thema oder Werk erst anonym gegeben und dann allmählich von stilkritischen Gesichtspunkten aus gemeinsam bestimmt wird.


Diese letzten Gedanken führen bereits über stoffliche Probleme hinaus auf die Frage nach der äußeren und inneren Struktur der Arbeit. Sie soll einstweilen noch zurückgestellt werden. Vorher wird noch zu erwägen sein, wieweit der Hörer auf dieser Basis nicht nur zur analytischen Mitarbeit, sondern auch zu eigener musikalischer Aktivität angeregt werden kann.


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Die Möglichkeiten des Rundfunks sind mit dieser Art analytischer Arbeit keineswegs erschöpft. Schon sie hatte nur den Sinn, dem Hörer nicht Kenntnisse zu vermitteln, sondern seine Erlebnisfähigkeit zu steigern, sein Verhältnis zur Musik zu intensivieren. Zum Reden über Musik gesellt sich nun in höherem Grade, als man es bei der Natur des Rundfunks erwarten möchte, die eigene, aktive Mitarbeit des Hörers. Die Musiklehre erweitert sich zum gemeinsamen Aufbau eigener kleiner Gestaltungen, zum selbständigen Arbeiten mit den Elementen. Es werden Aufgaben gestellt; eingesandte Lösungen werden vor dem Mikrophon ausführlich besprochen, andere vielleicht mit ein paar kurzen schriftlichen Bemerkungen beantwortet.


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