- 248 -Kestenberg, Leo (Hrsg.): Kunst und Technik 
  Erste Seite (1) Vorherige Seite (247)Nächste Seite (249) Letzte Seite (464)      Suchen  Nur aktuelle Seite durchsuchen Gesamtes Dokument durchsuchen     Aktuelle Seite drucken Hilfe 



III


Wir können alle bis hierher gemachten Beobachtungen als indirekte Musikpädagogik bezeichnen. Es sind jetzt die Ansätze einer direkten musikalischen Pädagogik zu untersuchen, soweit sie im Rundfunk sichtbar werden.


Hierfür gibt es drei Wege: Vorträge zu halten, musikalische Vorführungen vor dem Mikrophon mit oder ohne Verbindung mit dem gesprochenen Wort zu veranstalten, deren Sinn nicht konzertmäßige Wiedergabe von Musik, sondern Anregung zum eigenen Musizieren ist, und schließlich die Veranstaltung von Kursen und Arbeitsgemeinschaften. Von diesen drei Wegen ist der erste der am häufigsten begangene, zugleich aber auch der für den Rundfunk uncharakteristischste. Es ist hier nur zu bedenken, daß Vorträge über einen bestimmten Komponisten im Rundfunk von sehr viel mehr Menschen gehört werden, als wenn sie in einem Saale veranstaltet würden. Derartige Vorträge in ein Gesamtprogramm einzuordnen, sie von der Zufälligkeit ihrer einzelnen Erscheinung abzulösen, sie, wenn auch ganz lose, miteinander zu verbinden und den Hörer, ähnlich wie bei der Aufführung neuer Musik, immer wieder von Zeit zu Zeit zu wecken, das ist eine wichtige Aufgabe der Sendegesellschaften und ihrer musikalischen Berater.


Es wird auch in diesem Falle darauf ankommen, die Art der Vorträge dem Rundfunk anzupassen. Man wird vor dem Mikrophon ganz anders über einen Musiker reden müssen, als man dies sonst tut. Nicht nur mit Rücksicht auf die veränderte Zusammensetzung der Hörer und auf die meist viel geringere Zeitspanne, sondern auch aus inneren Gründen. Die Rundfunkvorträge kranken noch immer daran, daß sie eine eigene, dem Rundfunk entsprechende Haltung oft noch nicht gefunden haben. Es genügt nicht, vor dem Mikrophon das zu sagen, was man in einem persönlichen Vortrag, in lebendigem Kontakt mit einem Publikum sagen würde. Der Rundfunkvortrag muß, um wirksam zu sein, viel weniger rhetorisch gehalten werden, als es die persönliche Sprache gelegentlich sein kann. Er muß wesentlicher sein, darf sich weniger an der Peripherie seines Themas aufhalten, duldet weniger Abschweifungen, fordert knappere Übergänge, muß es aber andererseits verstehen, inhaltliche Konzentration mit Leichtigkeit und Verständlichkeit zu verbinden. Hier liegt ein Widerspruch, dessen


Erste Seite (1) Vorherige Seite (247)Nächste Seite (249) Letzte Seite (464)      Suchen  Nur aktuelle Seite durchsuchen Gesamtes Dokument durchsuchen     Aktuelle Seite drucken Hilfe 
- 248 -Kestenberg, Leo (Hrsg.): Kunst und Technik