- 245 -Kestenberg, Leo (Hrsg.): Kunst und Technik 
  Erste Seite (1) Vorherige Seite (244)Nächste Seite (246) Letzte Seite (464)      Suchen  Nur aktuelle Seite durchsuchen Gesamtes Dokument durchsuchen     Aktuelle Seite drucken Hilfe 



wird durch seine Einheitlichkeit einen kleinen Kreis Interessierter anziehen, das große Publikum aber abschrecken. Wird neue Musik aber in ganz andern Zusammenhängen gebracht, wird sie vorsichtig ausgewählt und richtig eingeordnet, so wird sie auch von denjenigen gehört, die sie eigentlich nicht hören wollten. Diese finden nun vielleicht allmählich doch einen Weg in ein bisher verschlossenes Gebiet, oder sie erkennen, daß eine vorgefaßte Ablehnung sich durch den lebendigen Eindruck korrigiert.


So liegt im Stoff selbst schon ein eminent pädagogischer Wert. Er steht hier nicht im Vordergrunde unserer Fragestellung, soll aber doch wenigstens gestreift werden. Musikpädagogik fällt hier zusammen mit Musikpolitik, mit Kulturpolitik. Die künstlerischen Führer der Sendegesellschaften tragen auch an dieser Stelle eine große Verantwortung. Sie haben die Möglichkeit, musikalische Volkserziehung auf einer einmalig breiten Basis zu treiben.


Ein anderer Gesichtspunkt ergibt sich aus der Quantität der Rundfunkmusik. Auch sie unterscheidet den Rundfunk wesentlich von allen andern Konzertveranstaltungen. Er hat dafür zu sorgen, daß täglich bestimmte Stunden mit Musik ausgefüllt werden, daß wöchentlich an bestimmten Abenden neue Programme bereitgestellt werden. Das führt in vielen Fällen zu zyklischen Veranstaltungen. Hier liegt ein wichtiger musikpädagogischer Gesichtspunkt. Es wird nicht nur ein Konzert gehört, dessen Eindruck in der Fülle der andern untergeht, sondern die stilistische Einheit ist von starkem Einfluß auf den Hörer. Er wird ganz von selbst dazu angeregt, zu vergleichen, abzuwägen, eine Entwicklung mitzuerleben. Die Verbindung ist oft historischer Art: ein Querschnitt durch die Geschichte der Form oder einer Gattung. Die stilistischen Wandlungen der Variation, des Klavierkonzerts, des Liedes lassen ihn ein Stück Musikgeschichte praktisch erleben; ein Streifzug durch das europäische Volkslied schärft den Blick für die nationalen Temperamente. Solche zyklischen Veranstaltungen, in den Konzertprogrammen eine Ausnahme, wiederholen sich beim Rundfunk mit einer gewissen Regelmäßigkeit. Überall liegen hier indirekte pädagogische Werte.


Erste Seite (1) Vorherige Seite (244)Nächste Seite (246) Letzte Seite (464)      Suchen  Nur aktuelle Seite durchsuchen Gesamtes Dokument durchsuchen     Aktuelle Seite drucken Hilfe 
- 245 -Kestenberg, Leo (Hrsg.): Kunst und Technik